Berlin, Moabit (Deutschland)

Mittwoch, 31. Januar

Tja, hier steht er nun wieder, der Rucksacktrolley, der mich fast fünf Monate begleitet hat, und wartet darauf, ausgepackt zu werden. Sieht genauso aus wie am Anfang der Reise - nur etwas staubiger - und ausgepackt werden muss er noch. Mich selbst habe ich mittlerweile schon abgestaubt - aber mal sehen, was es beim seelischen Auspacken und Wieder-Ankommen so zu entdecken gibt.

Mein Reiseblog endet jedenfalls hier - liebe Grüße und vielen Dank an alle, die mitgelesen und mich auf diese Weise begleitet haben! Und an alle, die noch nicht genug haben: Die Drohung mit dem Diaabend bleibt bestehen ;-)

Irgendwo auf dem Atlantik - Berlin, Moabit (Deutschland)

Dienstag, 30. Januar

Um kurz vor zwei Uhr nachmittags landet unser Flugzeug in Madrid. Allerdings muss man da die Zeitverschiebung von fünf Stunden mit einberechnen: Zehneinhalb Stunden hat der Flug also letztendlich gedauert, und nun sind wir zurück in Europa. Nun ja, aber das Warten geht weiter, nun auf den Anschlussflug nach Berlin. Einen Teil der Wartezeit verbringen wir mit einer amtlichen Wanderung von Terminal zu Terminal durch den riesigen Flughafen. Kurz nach vier startet dann der Flug, nach Nordosten, in die beginnende Abenddämmerung, schon bald landen wir in Berlin, nehmen dort die S-Bahn… und ziemlich genau um 20:00 Uhr öffne ich zum ersten Mal seit fast fünf Monaten unsere Wohnungstür. Irgendwie irre: Nur vor exakt 24 Stunden haben wir unsere Ferienwohnung in einem Kleinstädtchen in Bolivien, 10775 Kilometer Luftlinie entfernt, verlassen - und nun stehen wir wieder hier, im winterlichen Berlin.

Samaipata (Bolivien) - irgendwo auf dem Atlantik

Montag, 29. Januar

Oje, der Abreisetag! Nachdem wir den Vormittag noch gemütlich in der Wohnung verbracht haben, machen wir dann klar Schiff und packen zum letzten Mal unsere Sachen. Um 15:00 Uhr werden wir abgeholt und fahren dreieinhalb Stunden das Tal hinunter, durch die Ebene und durch Santa Cruz zum Flughafen Viru Viru. Alle haben gesagt, dass man, obwohl der Flughafen wirklich sehr klein ist, drei (!) Stunden vor Abflug da sein muss, da sich die Formalitäten bisweilen lange hinziehen. Aber bei uns geht‘s schnell, so dass wir dann noch reichlich lange herumsitzen… (in der Zeit bin ich auch noch kurz aus dem Flughafen hinausgehüpft, um mein letztes Foto auf lateinamerikanischem Boden für diesen Blog zu machen). Ansonsten ist das Warten recht langweilig, und die trübe Abschiedsstimmung liegt außerdem über allem. Aber zum Glück haben wir Spielkarten dabei! Um kurz vor zehn sind wir im Flugzeug und gegen halb elf hebt es dann auch ab. Der Jet fliegt in der Dunkelheit über den Osten Boliviens, schneidet das brasilianische Amazonasgebiet und dann geht‘s hinaus auf den Atlantik - womit wir den amerikanischen Kontinent verlassen…

Samaipata (Bolivien)

Sonntag, 28. Januar

So langsam dümpeln wir dem Reiseende entgegen: Morgen Abend geht laut Plan unser Rückflug von Santa Cruz de la Sierra über Madrid nach Berlin. Wir haben aber die große Kult- und Festung „El Fuerte de Samaipata“ noch nicht gesehen, also besorgen wir uns am Mittag eine Fahrgelegenheit und lassen uns zu der ungefähr zwanzig Autominuten von Samaipata entfernt auf einem Berg gelegenen Anlage bringen. Im Zentrum steht hier die aus einem Felsen bestehende Bergkuppe, in die das alte Volk der Chané schon ab 300 nach Chr. Felsbilder eingekerbt hat. Auf dem Bild sieht man diesen Felsen, die Abbilder der Schlange (langer Streifen) und vor allem des Puma (in der Kreisform unten links) sind aber nur schwer zu erkennen - es ist ja in der langen Zeit auch so einiges an Wetter darüber hinweggezogen. Die Inka haben den Ort, im extremen Osten ihres Territoriums, erst im 15. Jahrhundert ihrem Reich einverleibt, kurz bevor dieses wiederum von den Spaniern erobert wurde. Alle drei genannten Gruppen hatten mit den aus dem Gran Chaco in die Berge hinauf vordringenden Guaraní zu kämpfen. Dementsprechend sind hier, über den Ritualfelsen hinaus, einige Grundmauern von Wach-, Wohn- und Festungsgebäuden zu besichtigen. Irgendwie eignet sich dieser Ort, ganz am Ostrand der Anden und ehemaligen Inkareichs, ganz gut als Schlusspunkt meiner Reise, die ja im südamerikanischen Teil ganz überwiegend in den Anden, und in den letzten Monaten eben auch im ehemaligen Herrschaftsgebiet der Inka stattgefunden hat. Hinter den Bergen auf dem Foto liegt der Gran Chaco, das Trockenwald- und Savannengebiet, das den ganzen bolivianischen Osten einnimmt und sich bis hinein nach Brasilien, Paraguay und Argentinien erstreckt (den Südausläufer dieser Zone haben wir im Norden Argentiniens, im Calilegua-Nationalpark, kurz besucht). Und hinter dem Gran Chaco, Richtung Norden, liegt dann das Amazonasbecken… viele Orte, die es noch zu besuchen gäbe - aber das muss dann wohl auf einer anderen Reise geschehen. So langsam macht sich bei mir Abschieds-Wehmut breit.

Samaipata (Bolivien)

Samstag, 27. Januar

Nun, ein wenig müde sind wir heute schon, und während unsere Ausgehfreund*innen von gestern schon um 4:30 zu einer Wandertour gestartet sind, gammeln wir beiden uns gemütlich durch den Tag. Am späteren Nachmittag will ich dann doch noch einen Spaziergang machen, und Martin willigt ein - er kann ja nicht ahnen, dass sich der „Spaziergang“ dann doch noch zu einer amtlichen Wanderung von dreieinhalb Stunden auswächst… aber er trägt‘s mit Fassung, immerhin geht es ja auch durch eine zwar nicht sonderlich spektakuläre, aber hübsche Landschaft - mit vielen schreckhaften Kühen!

Samaipata (Bolivien)

Freitag, 26. Januar

Heute gibt‘s wieder Action, und zum ersten mal seit langer Zeit geht es dazu hinunter in die Nähe des Tieflands und ins schon fast tropische Klima. Wir fahren, allein mit unseren beiden Guides, dem Fahrer und dessen Familie, das Tal hinab nach Bermejo und von dort wieder ein Stück hinauf in die Gegend der Comunidad Volcanes. Und von dort geht es hinauf, hinauf zu einem Aussichtspunkt über die sattgrüne Landschaft und dann wieder hinunter zu einem tiefroten Fluss, der sich durch das Tal windet. An selbigem wandern wir entlang bzw. durch ihn hindurch, bis wir an eine tiefere Stelle gelangen, wo wir baden können. Das ist aber keine Erfrischung, denn Wasser ist aber wärmer als in einer Badewanne - trotzdem macht es viel Spaß, hier zu schwimmen und zu baden. Danach bahnen wir uns weiter unseren Weg den Fluss entlang, was durchaus etwas Abenteuerliches hat (nicht überall ist das Ufer so wanderfreundlich wie auf dem Bild) und schon auch recht anstrengend ist - aber es lohnt sich! Übrigens - ein kleiner geschichtlicher Einschub - ganz hier in der Nähe wurde der berühmte Che Guevara 1967 vom bolivianischen Militär gefangen genommen und hingerichtet. Unser Guide berichtet auch, dass Selbiger und seine Unterstützer*innen seinerzeit in dessen Dorf aktiv waren, um sich zu versorgen und Mitstreiter*innen zu finden… Aber nun zurück in die Gegenwart und nach Samaipata: Hier haben wir es bei der Versorgung mit einem Abendessen etwas leichter. Hierbei lernen wir noch ein bolivianisch-belgisches Pärchen kennen und machen uns gemeinsam auf die Suche nach dem Nachtleben von Samaipata - wir finden auch die örtliche Disco, sind hier aber fast alleine. Egal, wir machen auch so die Tanzfläche unsicher!

Samaipata (Bolivien)

Donnerstag, 25. Januar

Ach, an die Entspannerei kann man sich gut gewöhnen… es dauert also auch heute lange, bis wir uns in Bewegung setzen. Und dann auch nur für einen Spaziergang vom Ort aus durch das Tal, hin zu einer Mischung aus Tierheim für vereltzte Wildtiere und kleinem Zoo - von hier das Bild vom Gürteltier (mit liebem Gruß an Karla K.!) Tja, ansonsten gibt‘s von diesem Tag nichts Spektakuläres zu berichten. Wir haben nur noch einen Tour für den nächsten Tag organisiert, eingekauft und hübsch zu Abend gegessen - aber über Letzteres schreibe ich nix, gar nix :-)

Samaipata (Bolivien)

Mittwoch, 24. Januar

Heute geht‘s auf die Tour hinauf in den Nebelwald im Amboró-Nationalpark. MIt uns unterwegs sind unser Guide Alfredo, ein Pärchen aus Argentinien, das gerade eine Freundin, die hier in Samaipata „hängengeblieben“ ist, besucht. Diese ist ebenfalls mit von der Partie sowie eine US-Amerikanerin. Knapp fünf Stunden wandern wir gemeinsam bergauf und bergab durch den dichten, feuchten Wald, betrachten an den gelegentlichen Aussichtspunkten das Panorama, das nur gelegentlich von den rasch vorbeiziehenden, dichten Nebelschwaden freigegeben wird, und staunen über die bis zu zwölf Meter hohen und bis zu 1200 Jahre alten Baumfarne. Als wir zurückkommen, sind wir doch etwas erledigt, essen noch kurz eine Kleinigkeit mit den Argentinier*innen und verbringen den Rest des Tages gemütlich zuhause - also in unserer Ferienwohnung, meine ich - nach Hause geht es „erst“ in fünf Tagen…

Samaipata (Bolivien)

Dienstag, 23. Januar

Martin entspannt heute sehr intensiv, was bedeutet, dass er das Sich-Erheben vom Sofa auf das absolut Unerlässliche reduziert, will sagen: zum Frühstücken und zum Abendessen. Ich bin auch nicht viel aktiver, ziehe aber doch noch gelegentlich los, kaufe ein und organisiere eine Tour in den Nebelwald für den nächsten Tag. Ansonsten gibt‘s nicht viel zu berichten, davon, dass Martin beim Kartenspielen öfter gewonnen hat als ich und vom Abendessen - liebe Foodblog-Ablehner*innen, da müsst ihr durch! Es gibt ein Brathähnchen mit Backofengemüse, zubereitet von meiner Wenigkeit. Was ich daran bemerkenswert finde, ist, dass der ganze Einkauf dafür mit sechs Euro getan war. Klar, für die meisten Bolivianer*innen ist das ein amtlicher Betrag - aber als Mitteleuropäer staune ich nicht schlecht. Dass es Obst und Gemüse auf dem Markt für unsere Verhältnisse „fast geschenkt“ gibt, wusste ich zwar schon, aber Fleisch hatte ich bisher noch keines gekauft.

La Paz - Samaipata (Bolivien)

Montag, 22. Januar

Und noch einmal geht‘s heute weiter, zu unserer vermutlich letzten Station vor dem Rückflug nach Deutschland. Wir haben uns doch noch einmal für einen Flug entschieden, denn die Fahrt von La Paz ins Tiefland wäre wirklich sehr langwierig - und unsere Begeisterung für bolivianische (und peruanische) Busse ist mittlerweile etwas begrenzt. Wir sind um 12:00 Uhr am Flughafen in Santa Cruz de la Sierra: Im Gegensatz zum Namen liegt die Stadt schon im Tiefland und zum ersten Mal seit Kolumbien schlägt mir wieder das Tropenklima entgegen. Man riecht das Tropische auch, finde ich. Wir reisen weiter dekadent und nehmen ein Taxi nach Samaipata, so dass wir so um 16:45 Uhr in dem kleinen Städtchen ankommen. Dieses liegt schon wieder auf 1650 Metern - aber für uns hochlandgeübte Menschen ist das ja gar nichts! Die Landschaft wirkt auf den ersten, oberflächlichen Blick, auch durchaus mittelgebiergig wie in Deutschland - nur die gelegentlichen Palmen „stören“ den Eindruck. Hübsch ist auch der Ort Samaipata, wenn auch ein wenig touristisch und hippyesk, aber in Maßen. Und das etwas Touristische bringt es ja auch mit sich, dass es ein paar nette Kneipen und Lokale gibt. Auch unser Ferienhaus lädt wirklich zum Ausruhen ein - was wir dann auch ausgiebig tun (auf dem Foto der Blick aus unserem Wohn- und Schlafzimmer).

La Paz / El Alto (Bolivien)

Sonntag, 21. Januar

Nachdem der Vormittag wieder dem Ausschlafen und dem gemütlichen Frühstück gewidmet war, wird‘s dann doch kulturell hochwertiger und wir besichtigen mit Dirk die Altstadt, insbesondere die Calle Jaén, das Ethnologie- und Folkloremuseum und die Plaza Murillo, den Hauptplatz des offiziellen La Paz mit Präsidentenpalast und Parlament. Nach einem Stopp in einem Café nehmen Martin und ich ein Taxi zum Cementerio General, dem Zentralfriedhof - bemerkenswert erscheinen uns hier unter anderem die mehrstöckigen Begräbnisgebäude. Nebenan wird gerade der Karneval eröffnet und wir ziehen, begleitet von recht schräger Fastnachtsmusik (auch nicht hochwertiger als die in Deutschland) durch die kostümierte oder in Sonntagstracht gekleidete Menge. Der Alkoholkonsum scheint auch dem bei vergleichbaren Veranstaltungen in Deutschland ähnlich zu sein - und nicht jede*r schafft‘s bis zur Toilette und nimmt mit dem Straßenrand Vorlieb - kein ganz so schöner Anblick bzw. „Anriech“. Wir entfliehen der Party per Seilbahn nach El Alto und wollen hier kurz über den Markt zur nächsten Haltestelle spazieren, haben die Abstände zwischen den Stationen aber völlig unterschätzt. Wir stapfen über den „normalen Markt“, über den Großmarktbereich und durch die Straße der Geistheiler*innen und Schaman*innen (vor jeder Tür sieht man hier eine Feuerschale zum Verbrennen verschiedener spiritueller Substanzen und Opfergaben - s. Foto). Vielleicht sollten wir eine*n der Heiler*innen um Hilfe gegen schmerzende Füße bitten, aber wir winken lieber einfach ein Taxi heran. Völlig unnötig, denn nach kaum 150 Metern fahrt taucht vor uns dann doch tatsächlich die Seilbahnstation auf. Auf geht‘s nach Hause, um ein wenig auszuruhen. Am Abend sind wir dann bei Dirk, der uns mit Papas a la huancaína bewirtet. Sehr lecker ist‘s und wir unterhalten uns noch lange und intensiv. Ein Abend bei einem Freund zuhause - das hatte ich auch schon lange nicht mehr.

La Paz / El Alto (Bolivien)

Samstag, 20. Januar

Naja, die Nacht war etwas länger, unser Schlafdefizit groß und so beginnt unser Frühstück in Dirks Wohnung spät und zieht sich bis zum Mittag hin. Zeit genug also, ausgiebig zu quatschen und den sensationellen Ausblick von der 15. Etage über die Stadt und auf die Berge, insbesondere den schneebedeckten  Illimani zu genießen. Danach fahren wir aus dem Stadtzentrum im Tal mit der Seilbahn hinauf zu einem schier endlos großen Markt, auf dem es wirklich alles zu kaufen gibt und auf dem man sich stundenlang mit Schauen und Shoppen beschäftigen kann. Mich verwundert nur, wie diese vielen Tausend Menschen, die hier ihre Marktstände betreiben, davon leben können, denn so viel Umsatz kann bei der Konkurrenz eigentlich nicht entstehen. Dirk verabschiedet sich dann nach Hause, um sich etwas auszuruhen, während Martin und ich zunächst noch ein wenig durch die Innenstadt ziehen und dann mit der Seilbahn, den Berg hinauf in die Nachbarstadt El Alto „fliegen“. Während La Paz unten im geschützten, wärmeren Talkessel liegt und dadurch aber auch in seinem Wachstum etwas eingeschränkt ist, liegt die unmittelbare Nachbarstadt El Alto auf dem Altiplano, der großen Hochebene, auf mehr als 4000 Metern Höhe. Hier ist reichlich Platz und so ist diese junge Stadt mittlerweile größer als La Paz. Durch das recht neue und moderne Seilbahnsystem mit mittlerweile elf Linien sind Hochebene und Tal mittlerweile auch etwas besser verbunden. Auch hier geraten wir auf einen riesigen Markt und sind überwältigt von der Größe, den vielen, oft traditionell gekleideten Menschen, den Gerüchen, den grellbunten Reklameschildern und wild-bunten Fassaden der Häuser. Anschließend verfahren wir uns auf dem Rückweg etwas mit den Seilbahnen, aber da es ja reichlich was zu gucken gibt, ist das nicht schlimm. Mit Dirk essen wir in einem japanischen Restaurant zu Abend. Dirk ist immer noch etwas unpässlich und so ziehen Martin und ich alleine los, um das Nachtleben zu erkunden. Es wird, auch wenn wir in der örtlichen LGBTQ+-Disco die Senioren sind, sehr lustig und auch sehr spät.

Puno (Peru) - La Paz (Bolivien)

Freitag, 19. Januar

Das ist wieder einer dieser Tage, die gefühlt mitten in der Nacht beginnen: Um 04:15 müssen wir aufstehen, um rechtzeitig bei unserem Bus nach La Paz zu sein. Eder packt uns und unser Gepäck also zu nachtschlafender Zeit in sein Boot und fährt uns zum Ufer, wo eigentlich ein Taxifahrer warten sollte… Der hat aber verschlafen - was man ja irgendwie nachvollziehen kann. Schlussendlich klappt es mit dem Transfer aber trotz der Verspätung und der Bus fährt eh eine halbe Stunde zu spät ab - Abfahrts- und Ankunftszeitangaben sind hier im Allgemeinen nur grobe Orientierungswerte. Der Bus selbst ist tatsächlich der lausigste, den wir bisher hatten - und wir sind echt nicht verwöhnt. Die Fahrt dauert lang und auch der Grenzübergang ist langwierig. Am Nachmittag kommen wir, zwei Stunden später als geplant, um drei, in La Paz an. Nachdem wir in unser Hochhaus-Appartment im Stadtteil Sopocachi im 10. Stock eingecheckt haben, kontaktieren wir unseren Freund Dirk, der uns gleich eine Runde durch‘s Viertel führt und uns die Orte seiner Jugend zeigt - er ist genau hier aufgewachsen. Sehr spannend ist das für uns - und die Stadt ist zwar vielleicht nicht konventionellen Sinne malerisch, aber sehr spannend, lebendig und bunt mit ihrem Mix aus Altbauten, Hochhäusern, architektonischem Wildwuchs, wuseligen, steilen Straßen und darüber die Berge hinaufschwebenden Seilbahngondeln. Mit ebendieser schweben wir dann auch bald den Hang hinauf zum typisch bolivianischen Abendessen (von Trockenfleisch über Zunge bis Blättermagen).  Und danach verbringt uns Dirk in eine sehr lustige, wild dekorierte Kneipe, die wir alleine natürlich nicht gefunden gefunden hätten, da sie von außen gar nicht als solche zu erkennen ist - es ist halt ein großer Vorteil, mit einem „Eingeborenen“ unterwegs zu sein.

Puno (Peru)

Donnerstag, 18. Januar

Je gemütlicher der Tag, desto kürzer der Blogeintrag. Nicht einmal vom Essen kann ich viel berichten, da sich die Gerichte schon wiederholen… Ansonsten: Schlafen, Schlummern, Herumlümmeln, auf den See starren, Karten spielen und ein bisschen Paddeln… was vielleicht eher langweilig klingt, passt mir gerade hervorragend. Günstigerweise regnet es während unseres Aufenthalts immer nur in der Nacht, sodass man den Tag entspannt draußen genießen kann. Herrlich! Das Foto zeigt die Spiegelung des Abendlichts in unserer Fensterscheibe, unseren Papp-Flamingo, vor allem aber einen der Tragegriffe, die unser Häuschen hat. Denn wenn eine neue Binsenschicht untergelegt werden muss, müssen hier und an den anderen Griffen achtzig Personen zupacken und das Haus zur Seite heben!

Puno (Peru)

Mittwoch, 17. Januar

Ein sehr ruhiger Tag ist das. Im Laufe des Vormittags holen wir gemeinsam mit Eder die ausgelegten Netze ein. Die Ausbeute ist übersichtlich: Eine große Forelle, eine kleine und drei Karachis (das sind - im Gegensatz zu den aus Kanada eingeführten Forellen - eine autochthone Fische, allerdings sind die Tierchen wirklich recht klein und es ist kaum Fleisch daran). Danach fahren wir mit Eders Vater Felipe zu einigen Wohninseln der Uros. Das ist einerseits interessant, aber da die Volksgruppe mittlerweile fast ausschließlich vom Tourismus lebt, auch eine etwas künstliche Veranstaltung, bei der man vor allem auch tüchtig Geld für Souvenirs und Bootsfahrten ausgeben soll. Nun ja, andererseits können die Menschen so ihre traditionelle Lebensweise weiterführen, modernisiert nur durch von der Regierung installierte Sanitärhütten, Solarpaneele und eine seit einigen Jahren bestehende Schule und ein kleines Gesundheitszentrum. Ansonsten leben die Menschen weiter in ihren Binsenhütten auf den aus dem gleichen Material gebauten, schwimmenden Inseln. Vor den Hütten auf dem Foto sieht man übrigens einen Block aus Binsenwurzeln. Auf solchen Blöcken schwimmen die Inseln und alle paar Wochen muss man eine weitere Schicht Binsen auf die Insel aufbringen, damit sie weiter schwimmfähig bleibt. Dazu müssen auch die Hütten angehoben und Schilf darunter ausgebreitet werden. Auf dem Foto sieht man auch, dass die Hütten auf erhöhten Binsenpodesten stehen. Nach unserer Besuchstour fahren wir zurück zu „unserer“ Insel, auf der Eder mit seinen Eltern, seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern lebt. (Sein Bruder hat seinen Teil der Insel kürzlich abgetrennt und ist damit ein paar Kilometer weiter auf den See hinaus gezogen - hier nimmt man bei einem Umzug Haus und Grundstück einfach mit!) Den Nachmittag und Abend verbringen wir gemütlich mit Lesen, Schlafen, Kartenspielen und im Gespräch mit den anderen Gästen - mittlerweile sind ein (in Neuseeland lebendes) argentinisches und ein chilenisches Pärchen hier angekommen.

Puno (Peru)

Dienstag, 16. Januar

Wir wachen mit einem herrlichen Panoramablick über den See auf. Die beiden US-Amerikanerinnen haben schon gefrühstückt und reisen ab, sodass wir nun die einzigen Gäste auf unserer kleinen Insel sind. Am Vormittag fährt Eder mit uns auf einem Schilfboot ein kleines Stück von der Insel weg und wir sind damit beschäftigt, etliche Meter Fischernetz zu entwirren und für den Forellenfang auszulegen. Danach versuchen wir uns auch an der speziellen Rudertechnik der Uros, allerdings ohne größeren Erfolg. Den Rest des Tages verbringen wir damit, auf unserer Terrasse herumzuliegen, ein wenig zu rudern - und ich springe auch zweimal in den See, bleibe aber nicht lange darin, den das Wasser ist ordentlich kalt. Sehr, sehr nett ist es hier, und wir beschließen, unseren Aufenthalt um einen Tag zu verlängern, weswegen wir am Abend dann aber auch mal wieder mit Reiseorganisation befasst sind.

Cusco - Puno (Peru)

Montag, 15. Januar

Ein Reisetag: In der Früh noch ein kurzes Frühstück und dann zum Busbahnhof. Der Bus hat definitiv schon bessere Tage gesehen und müsste mal grundgereinigt werden - und dass die Bussbesatzung einen besonders guten Tag hat, kann man auch nicht behaupten. Wir bekommen auch nicht die Plätze, die wir eigentlich gebucht haben. Die Fahrt zieht sich, es regnet oft und dementsprechend kann dann nicht gelüftet werden, was ein Problem ist, weil sich die Klotür auch nicht verschließen lässt und das entsprechende Odeur durch den Bus weht. Zwischendurch verlieren wir noch ein paar Passagiere, die bei einem Halt ohne sich abzumelden auf die Toilette gehen (angesichts des Zustands der Bustoilette ja verständlich). Ein Chaos. Im Dunkeln kommen wir in Puno am Titicacasee an und werden von Eder erwartet, der zur Bevölkerungsgruppe der Uros gehört, die auf den dem Ufer vorgelagerten, schwimmenden Schilfinseln leben. Auf eine ebensolche bringt er uns per Boot - wir sind von dem Ort und unserer Hütte gleich schwer begeistert. Schließlich gibt‘s noch ein von seiner Mama zubereitetes, leckeres Abendessen (Hähnchen, Bohnen, Kartoffeln) in Gesellschaft von zwei netten US-Amerikanerinnen, die auch auf der Insel übernachten.

Cusco (Peru)

Sonntag, 14. Januar

Tja, das ist wieder so ein Ausschlaf-Tag. Aber immerhin schaffen wir es noch unsere Weiterreise zu organisieren und ins Museum für präkolumbianische Kunst zu gehen. Das ist ein von einer Stiftung betriebenes Museum. Die staatlichen Museen sind samstags und sonntags geschlossen… nicht gerade sehr publikumsorientiert, würde ich zu sagen wagen. Überhaupt, Service: Wir versuchen vor unserem Museumsbesuch noch Martins Alpaka-Pullover, der doch etwas klein ist, umzutauschen - aber da beißen wir nachhaltig auf Granit. Gekauft ist gekauft, Umtausch ist nicht. Nun ja… wir trösten uns mit - Na, wer errät es? - Richtig! - mit einem leckeren Abendessen (Foodblog-Feinde, aufgepasst: Hier ist wieder eure Sprungmarke zum nächsten Eintrag!) Es gibt einen peruanisch-japanischen Fusion Salat, Ochsenschwanz-Ravioli, Hühnchen (auch das wieder asiatisch-peruanisch gewürzt). Man kann hier einfach großartig essen! Und danach geht’s wieder in die Jazzbar, wo wir viel Spaß mit der Musik haben und uns sehr gut mit ein paar Peruaner*innen unterhalten. Auch heute ist das Foto von gestern: Hier die Salzgewinnungsbecken (mehr als 4000) der Salinen von Maras.

Cusco - Valle Sagrado - Cusco (Peru)

Samstag, 13. Januar

Zum Ausgleich zum Gammeltag gestern steht heute wieder ordentlich Kultur auf dem Programm. Und natürlich geht‘s früh los. Wir haben eine Tour durch das Valle Sagrado, das heilige Tal der Inka, unweit von Cusco gebucht. Mit uns sind außer dem Guide noch ein nettes us-amerikanisch-deutsches Ehepaar und zwei ebenfalls aus den USA kommende junge Mädchen unterwegs. Diese. beiden sind leider kaum gesprächsbereit, denn sie sind buchstäblich den ganzen Tag damit beschäftigt, kurz Fotos von den Sehenswürdigkeiten zu machen und diese dann eifrig zu posten und Nachrichten auszutauschen. So ein permanentes Handygetippe habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Mit leichtem Gruseln stellen Martin und ich uns vor, dass ja auch solche Handy-Süchtigen unsere Begleiter auf der Vier-Tages-Tour zum Salar von Uyuni hätten sein können. Wie furchtbar! Aber dann fällt uns ein, dass die beiden ja niemals auf eine solche Fahrt gegangen wären: Da gibt‘s ja kein Handynetz! Im Laufe des Tages besuchen wir gemeinsam eine Schutz- und Aufzuchtstätte für Wildtiere (Guanakos, Vicuñas und Kondore), die Festung und Siedlung von Pisac (mit der Grundrissform eines Vogels), den Sonnentempel von Ollantaytambo, die Terrassengärten von Moras (s. Foto) und die Salinen von Maras. Dazwischen werden wir auch immer wieder durch den einen oder anderen Kunsthandwerks-Verkaufsraum gelotst. Es ist halt eine Touristentour. Wir erfahren aber auch, dank unseres kompetenten Guides, wirklich viel Interessantes über die Geschichte. Wer von meinem Foodblogger-Tendenzen genugt hat, der*die springe gleich zum nächsten Eintrag, für alle anderen: Heute Abend gab‘s einen Salat mit Hähnchen und Maracuja-Vinaigrette, Ceviche mit Rote-Beete-Chips auf Mango-Soße, Chaufa de Quinoa mit Huhn und Shrimps und Martin hatte noch was Leckeres mit Alpaka, was wir aber leider nicht mehr genau rekonstruieren können - es rächt sich halt, wenn man seinen Blog erst ein paar Tage später schreibt.

Cusco (Peru)

Freitag, 12. Januar

Tja, das Konzert hat lange gedauert, und so dauert es auch, bis wir morgens aus den Federn kommen. Und auch ansonsten gibt‘s nicht viel zu berichten: Frühstück, Abhängen, Spazierengehen, Nudeln kochen und dann ein Tatort aus der ARD-Mediathek! Als Bild ein Nachtrag zu gestern: Ein Blick in die Landschaft mit der Festung Puka Pukara.

Cusco (Peru)

Donnerstag, 11. Januar

Heute erkunden wir die Inka-Stätten, die unmittelbar oberhalb der Stadt liegen. Da ist zunächst die Anlage von Saqsaywaman, die einerseits den Ort beschützte und andererseits auch wieder eine religiöse Funktion hatte. Sie bildete auch die Schnauze des Pumas, der der Form des ursprünglichen Stadtgrundrisses von Cusco zugrunde liegt. Von Saqsaywaman wandern wir über den Cristo Blanco, eine der üblichen, über den Städten thronenden Christusstatuen, zur Anlage von Q‘enqo - einer heiligen Stätte, deren Funktion aber nicht vollständige geklärt ist. Von dort aus werden die Wege etwas weiter, so dass wir ein Taxi nehmen, um zur Festung Puka Pukara und nach Tambomachay zu gelangen. Letzteres ist wohl eine Art Land- und Jagdsitz der Inkas. Nun ja, das sind alles alte Steine, ähnlich wie europäische, mittelalterliche Burgruinen… aber die Steine an sich sind in der Tat sehr beeindruckend bearbeitet, wie auf dem Foto zu sehen: Wie in einem Puzzlespiel sind sie ohne auch nur die kleinste Fuge dazwischen auf- und ineinandergeschichtet. Und dabei sind sie teilweise riesig. Wie konnte man sie transportieren und so perfekt bearbeiten? Wir widmen uns aber nicht den ganzen Tag dieser historischen Thematik. Erstens gehen wir natürlich noch nett essen - wie könnte es anders sein. Und alle Leser*innen möchten natürlich wissen, was es gibt - also: Forellenceviche, Alpaka mit Quinotto (Quinoarisotto) und Ají de Gallina (Huhn mit Mandel-Chilisoße). Danach sind wir in einer Jazzbar, und das Konzert ist großartig. Eigentlich ist‘s kein Jazz, sondern eher Salsa, oder ein Mix? Ich kenne mich da nicht aus - aber auf jeden Fall geben die Musiker alles und die Stimmung ist entsprechend!

Cusco (Peru)

Mittwoch, 10. Januar

Muss ich noch sagen, dass es dauert, bis wir mal aus dem Haus kommen? Es ist einfach zu gemütlich hier! Also dauert es wieder bis zum Mittag, bis wir in die Stadt ziehen, um zunächst eine Tour für Samstag ins Valle Sagrado, das Heilige Tal, zu buchen und uns so immerhin ein wenig an Machu Picchu anzunähern. (Wir planen nämlich nicht, diese Stätte zu besuchen: zu teuer, zu touristisch und zu voll…) Nachdem wir die organisatorischen Dinge erledigt haben, besuchen wir Qorikancha. Das ist ein ehemaliger Inka-Tempel, der von den Spaniern mit einem Dominikaner-Kloster überbaut worden ist. Da der Tempel aber sehr massiv ist und seine schweren Steinquader mit unglaublicher Exaktheit zugehauen und aufeinandergesetzt wurden, war es den Spaniern unmöglich, die Anlage vollständig abzureißen, so dass sie weite Teile derselben in den Kreuzgang ihres Klosters integrierten. Das Ergebnis ist ein architektonischer Mix, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Auch hier haben wir eine interessante Führung, bei der wir vor allem auf die beeindruckende Kunstfertigkeit und Präzision der Inka-Architekten aufmerksam werden. Auf dem Foto: Inka-Mauern, Schatten des Renaissance-Kreuzgangs und Glaswände aus der Gegenwart…

Cusco (Peru)

Dienstag, 9. Januar

Auch heute ist das ein sehr ruhiger Tag und es dauert lang, bis wir nach einem ausgiebigen Frühstück startklar sind - genau genommen dauert es bis deutlich über die Mittagszeit hinaus. Dann steht noch ein wenig Shoppen auf dem Programm, denn sowohl Martin als auch ich liebäugeln mit Strick- und Webarbeiten aus Alpaka-Wolle. Am Nachmittag besichtigen wir die Kathedrale von Cusco. Um sie zu errichten, zerstörte man den dem Inka-Gott Viracocha gewidmeten Tempel und verwendete seine Steine um an derselben Stelle die Kirche zu erbauen. Wir haben eine sehr interessante Führung mit einer freundlichen und kompetenten Frau indigener Abstammung. Sie erzählt uns viel darüber, wie es früher und bis heute gelingt, Elemente der ursprünglichen Religion und Tradition der Menschen dieses Ortes in den Katholizismus zu integrieren. Das reicht von eher folkloristischen Elementen wie der Tatsache, dass der gekreuzigte Jesus einen Inka-Rock trägt und auf einer Abendmahlsdarstellung Meerschweinchen verspeist wird, bis dahin, dass die Jungfrau Maria mit den den Inkas heiligen Bergen gleichgesetzt wird und dass sich in der Kathedrale ein Stein befindet, an dem der Gott Viracocha verehrt wird. Man sieht dort tatsächlich kleine Opfergaben liegen - und als die katholische Kirche dieses Ritual verhindern wollte, brach ein solcher Proteststurm los, dass sie einen Rückzieher machen musste. Tatsächlich ist heute auch wieder das Inti Raymi, das Fest, das zu Ehren des Sonnengottes zur Wintersonnenwende stattfindet, das größte Fest in Cusco. Apropos Feste: Die Regenbogenflagge auf dem Foto weist nicht auf Gay-Pride-Feierlichkeiten hin sondern ist die Stadtflagge von Cusco - auch die stammt aus der Inkazeit.

Cusco (Peru)

Montag, 8. Januar

Ich fürchte, der Blogbeitrag fällt heute etwas kürzer aus, denn eigentlich haben wir nichts besonders Berichtenswertes getan: Lange geschlafen, gemütlich gefrühstückt, auf dem Balkon gesessen, Spazieren gegangen, auf dem Markt eingekauft und zuhause Pasta gekocht… Hierzu nur ein kleines Foto vom Spaziergang durch unser Viertel, San Blas.

Cusco (Peru)

Sonntag, 7. Januar

Frühmorgens um sechs kommen wir - dann doch ziemlich gerädert - am Busbahnhof in Cusco an, fahren mit dem Taxi ins Zentrum (werden dabei preislich ordentlich über den Tisch gezogen) und finden ein geöffnetes Café nahe der Plaza de Armas, des Hauptplatzes der Stadt. Wir nehmen Kontakt mit der Vermieterin unserer Ferienwohnung auf und können zum Glück schon unser Gepäck dort unterstellen. Die Wohnung liegt im gelegenen Viertel San Blas am Berg über dem Zentrum und so kraxeln wir erst einmal über Treppenstiegen und steile Gässchen am Hang entlang. Sehr hübsch ist es hier und insgesamt erinnert mich die Stadt stark an Granada: Die Kathedrale und die typisch spanische Altstadt im Tal, die engen Gassen und weißgetünchten Häuser am Hang - in Granada der Albaicín, hier San Blas - und die Festung über der Stadt - in Granada die Alhambra, hier die Inka-Burg Saqsaywaman - die allerdings nicht so gut sichtbar platziert und längst nicht so gut erhalten ist. Im Zuge der Kämpfe um die Stadt sind von der ursprünglichen Anlage nur die Grundmauern erhalten geblieben, auf denen die Spanier ihre Kirchen und Häuser und Paläste errichtet haben - im Ausradieren anderer Kulturen, im Einreißen und Überbauen hatten die Spanier in der frühen Neuzeit wohl einige Routine. Was man heute sieht ist eine - zumindest in den zentralen Stadtteilen - wunderschöne, wenn auch sehr touristische Stadt, die auf den ersten Blick auch in Spanien liegen könnte. Ich muss aber sagen, dass wir die Schönheit der Stadt nach dem ziemlich rauen Charme der eher planlosen, unverputzten und halbfertigen Hohlblockstein- und Betonarchitektur Copacabanas sehr genießen. Von unserer liebevoll gestalteten Ferienwohnung aus hat man einen herrlichen Blick über das Zentrum (s. Foto). Das Touristenherz schlägt also höher und das Urlaubsfeeling steigt, auch angesichts des Abendessens - jetzt muss der Foodblogger in mir doch mal wieder zu seinem Recht kommen: Es gibt Alpakacarpacchio (redlich geteilt), gebratenes Meerschweinchen (Martin) und Ochsenschwanz (ich), eingeleitet von einem landestypischen Pisco Sour.

Copacabana (Bolivien)

Samstag, 6. Januar

Man muss ja nicht jeden Tag viel unternehmen, gerade wenn es so hübsch sonnig ist. Man kann auch einfach mal ermattet in der Hängematte hängen. Das tun wir heute nach dem Frühstück entspannt auf der kleine Terrasse vor unserem Zimmer mit Blick zum See, jedenfalls solange, bis wir um zwölf Uhr unser Zimmer räumen müssen. Aber dann gibt es ja noch die allgemein zugängliche Terrasse mit sehr angenehmen Freiluftbetten unter Sonnenschirmen. Der Entspannungsprozess kann also geruhlich weitergehen! Am Nachmittag schaffen wir es dann, doch noch einmal ins Ortszentrum zu gehen, denn wir wollen uns noch die Wallfahrtskirche mit der Jungfrau von Copacabana und vor allem den Prozess der Autosegnung ansehen. Aus ganz Bolivien kommen nämlich Fahrzeugeigentümer*innen hierher, schmücken ihre Vehikel und lassen sie dann vor der Kirche mit Weihwasser besprengen - vielleicht als alternative Sicherungsmaßnahme angesichts des in Bolivien nicht existierenden TÜVs. Zweimal täglich zieht sich dementsprechend eine blumengeschmückte Fahrzeugkolonne vor der Kirche vorbei und mehrere Mönche mit Weihwasserplastikeimern beträufeln und segnen, was das Zeug hält (s. Foto). Und natürlich nehmen sie gerne fromme Gaben entgegen - ein sicherlich sehr einträgliches Geschäft für die Kirche! Wir beiden vom Getümmel recht beeindruckten aber auch leicht ratlosen Nicht-Katholiken haben genug gesehen und ziehen zurück zum Hostel, holen unser Gepäck und begeben uns zum Büro der Busagentur, die uns heute über nacht nach Cusco in Peru bringen soll. Dann geht es Schlag auf Schlag: Um fünf Uhr sollen wir für‘s „Boarding“ dasein, um sechs Uhr soll der Bus abfahren und um sieben Uhr tut er es dann auch endlich! Nach kurzer Zeit sind wir an der  Grenze und müssen noch einmal aussteigen, die bolivianische Ausreisekontrolle absolvieren, die Grenze zu Fuß überqueren und auf der anderen Seite die peruanische Einreisekontrolle durchlaufen. Danach erwartet uns wieder der Bus, noch einmal werden unsere Papiere gecheckt und dann geht‘s weiter durch die Nacht. Angesichts der besonders holprigen Strecke und des völlig überheizten Busses ist das Schlafen schwierig - nur gut, dass wir heute schon so gut „vorgechillt“ haben!

Isla del Sol - Isla de la Luna - Copacabana (Bolivien)

Freitag, 5. Januar

Rechtzeitig zum Morgen hat der Regen aufgehört, es ist aber noch wolkenverhangen. Nach dem Frühstück begleitet uns ein junger Mitarbeiter des Hostels noch ein Stück auf dem schönen Weg über den Höhenzug der Insel zum Sonnentempel, damit wir ihn auch wirklich finden. Der Tempel selbst wirkt auf uns nicht besonders spektakulär, aber er beeindruckt eben durch sein Alter - und durch seine schöne Lage am See mit Blick auf die Isla de la Luna (die Mondinsel). Nach einigem Herumgefrage und Herumtelefonieren der von uns Angesprochenen finden wir Daniel, einen noch sehr jugendlichen Bootsführer, der uns zur Mondinsel übersetzen, dort auf uns warten, und uns dann zum Festland - oder genauer gesagt zu einer „schwimmenden Insel“ - bringen wird. Nach einer Stunde sind wir auf der Isla de la Luna und besichtigen dort die Ruine des Mondtempels - leider bekommen wir aber keine weitere Erläuterung dazu. Dann dauert es wieder eine Stunde bis zu unserer „schwimmenden Insel“. Nun, wir hatten da eigentlich an die berühmten, aus vielen Lagen von Schilf bestehenden Inseln gedacht, auf denen die Volksgruppe der Urus hier am See traditionell lebt. Was wir aber sehen, ist ein Ponton aus Kanistern und Autoreife, belegt mit Holzplanken und - um ein wenig Flair zu erzeugen - mit ein wenig Schilf bestreut. Es stimmt ja auch, die Urus leben an einer ganz anderen Stelle des Sees. Naja, immerhin gibt’s hier etwas zum Mittagessen. (Falls sich jemand wundert, dass ich schon länger nicht mehr über’s Essen geschrieben habe: Hier am Titicacasee gibt’s im Wesentlichen Forelle, Forelle oder Forelle… nur nicht zum Frühstück!) Danach lernen wir echtes bolivianisches Strandleben kennen, denn schön ist‘s hier wirklich, der weiße Strand strahlt in der Sonne und einige Mutige wagen sich auch in die kalten, blauen Fluten des Sees. Ein irgendwie auch sehr jugendlich wirkender Taxifahrer bringt uns schließlich zurück nach Copacabana. Die Landschaft auf dem Weg ist geradezu idyllisch, mit Bergen, See, kleinen Wäldchen, violett blühenden Kartoffelfeldern und bunt blühenden Dahlien. Am Abend feiern wir im trashigen und ziemlich bescheidenen Nachtleben Copacabanas Abschied von Sarah und Stefano, denn die beiden fahren morgen nach La Paz, während wir nach Cusco aufbrechen werden. Zwei Wochen sind wir sind wir nun gemeinsam gereist und haben Freundschaft geschlossen. Der Abschied ist nicht leicht.

Copacabana - Isla del Sol (Bolivien)

Donnerstag, 4. Januar

Kurz vor neun sind wir heute morgen am Hafen und damit eigentlich etwas spät dran für die Überfahrt zur Isla del Sol - aber am Pier herrscht einiges Chaos, sodass unser Boot erst eine halbe Stunde später ablegt. Zwei Stunden dauert die Fahrt über den tiefblauen See, da wir (Sarah und Stefano sind wieder dabei) zum weiter entfernt von Copacabana gelegenen Nordende der Insel fahren, um von dort aus zur Südspitze zu wandern. Auf der Insel werden wir von einem Fremdenführer in Empfang genommen, der uns die im Norden gelegenen Ritualplätze und Ruinen zeigt und erläutert. Die Insel war von zentraler kultischer Bedeutung für die Tiahuanaco-Kultur und auch für die Inkas, die sie später in ihr Reich eingliederten. Man „kennt“ ja als Europäer meist nur die Inkas, Mayas und Azteken, aber hier in Bolivien nimmt man schnell wahr, wie bedeutsam und vielfältig die anderen, oft noch viel älteren Kulturen waren. Auch im Alltag der Menschen hier auf der Isla del Sol scheinen die aus sehr alter Zeit stammenden Traditionen und Überzeugungen in Teilen noch recht lebendig zu sein, denn die Kultstätten werden weiterhin genutzt. Unser Fremdenführer hat uns gesagt, dass wir nur zwei Stunden für die Durchwanderung der Insel brauchen würden, sodass wir uns um ein Uhr sehr entspannt auf den Weg über den alten „Inkaweg“ nach Süden machen. Aber entweder wollte unser Guide uns nur unbedingt bei seiner Führung als zahlendes Publikum dabeihaben oder er hat uns zu viel zugetraut: Wir stellen bald schwitzend und schwer atmend fest, dass wir eigentlich joggen müssten, um die Fähre am Südende rechtzeitig um vier Uhr zu erreichen. Als wir an einem kleinen Verkaufsstand rasten erklärt uns die Besitzerin, dass zwei Stunden Wegzeit zwar für die hurtigen Einheimischen realistisch sind, aber für Touristen - niemals! Man muss ja auch bedenken, dass wir uns auf 4300 Metern Höhe befinden und die Luft entsprechend dünn ist… So entscheiden wir uns, die Nacht auf der Insel zu verbringen - was erheblich zur Entspannung beiträgt und uns die Sonne, den blauen See und die herrliche Landschaft der Insel deutlich entspannter genießen lässt. Es ist auch kein Problem, eine Unterkunft zu finden und wir verbringen einen sehr entspannten Nachmittag und Abend auf der Insel - allerdings ohne den prächtigen Sonnenuntergang, den wir eigentlich vorgesehen hatten, denn am Abend setzt heftiger Regen ein.

La Paz - Copacabana (Bolivien)

Mittwoch, 3. Januar

Bei Sonnenaufgang kommen wir über El Alto in La Paz an. Was für ein Blick über von der Höhe auf das Häusermeer, das sich vom Talkessel die Hänge hinaufzieht, dahinter die verschneiten Berge und die aufgehende Sonne. Wir bleiben hier aber noch nicht, La Paz steht für später noch auf dem Plan, zunächst geht es direkt mit dem Bus weiter nach Copacabana. Hierbei handelt es sich nicht um den Strand in Rio de Janeiro, sondern um eine kleine Stadt mit einer berühmten Marienfigur am Titicacasee - der Strand in Rio ist nach dieser Figur benannt… Nachdem wir La Paz verlassen haben, taucht auch schon bald der Titicacasee auf, an dem wir lange entlangfahren, bevor unser Bus auf ein Holzfloß verladen wird (s. Foto), um ihn über einen Arm des Sees überzusetzen. Wir Passagiere fahren mit dem Boot und steigen danach wieder ein und sind bald in Copacabana. Reichlich hässlich, die Stadt - aber sie ist das touristische Zentrum hier am See, Ausgangspunkt für Exkursionen zu den Inseln und am Strand ist reichlich Remmidemmi. Unser Hostel liegt aber etwas abgelegen und ist ruhig und hübsch. Am Nachmittag treffen wir uns mit Sarah und Stefano am Strand und beobachten das bolivianische Ferientreiben von einer der Strandbuden aus. Martin und ich streifen danach noch am Strand entlang, müssen aber irgendwann kehrtmachen, da die Wolken immer dunkler und bedrohlicher werden und die ersten Blitze in ihnen zucken. Wir schaffen es haarscharf noch zurück ins Hostel - und da bleiben wir den Abend über auch.

Sucre - La Paz (Bolivien)

Dienstag, 2. Januar

Leider ist heute schon Check-Out. Sehr Schade, denn sowohl das Hotel als auch die Stadt Sucre gefallen uns echt sehr gut. Na gut, also Zimmer räumen, Koffer einschließen und noch einmal raus in die Stadt. Zunächst scheitern wir wieder am für indigene Kunst: Mittagspause. Also machen wir die auch, ziehen zunächst kreuz und quer durch die Markthalle und landen wieder bei Doña Maria in der Markthalle (von dort auch das Foto). Und wer kreuzt da auch auf - der*die geneigte Leser*in ahnt es: Sandra und Stefano. Also essen wir gemeinsam und spielen dann etliche Runden Uno auf dem Dach einer nahegelegenen Kirche, wo ein Café eingerichtet ist, zu dem man sich durch abenteuerliche Gänge und Stiegen hocharbeiten muss. Und schließlich, beim dritten Versuch, gelangen wir doch noch ins Museum - und das lohnt sich wirklich. Es dreht sich vor allem um die Webarbeiten der indigenen Gruppen aus der umliegenden Region - und das sind sehr fein gearbeitete Gewebe, übervoll mit geometrisierten Bildern von Figuren und Fabeltieren. Ich bin wirklich fasziniert. Eine Frau, die im Museum das Weben vorführt, erklärt mir, dass sie für ein vielleicht einen halben Quadratmeter großes Werk ungefähr fünf Monate braucht. Was für eine Arbeit, und was für schöne Stoffe! Übrigens gibt es auch Strickarbeiten, für die sind hier die Männer zuständig, während die Frauen weben - das ist wohl genau geregelt. Nun müssen wir zurück ins Hotel, die Koffer schnappen und ab zum Busbahnhof. Hier herrscht das übliche Getümmel, aber schließlich finden wir unseren Bus und um acht geht es los, mit dem Nachtbus nach La Paz.

Sucre (Bolivien)

Montag, 1. Januar

Der erste Tag im neuen Jahr und Sucre liegt im Schlaf. Wir auch. Der Zeitplan des Hotels ist aber davon unberührt, also kurz aufstehen, frühstücken - und dann erstmal wieder hinlegen! Am Nachmittag laufen wir los, die Stadt ist heute eigentlich geschlossen, aber schließlich gelangen wir zum Stadtpark - und hier ist echt was los: ein Riesenspielplatz, Hüpfburgen, handbetriebene Karussels, Zuckerwatte - ein echtes Kinderparadies! Wir haben auch Spaß beim Zuschauen. Später kraxeln wir den Berg hinauf zum Recoleta-Kloster und zum Museum für indigene Kunst, aber beides ist geschlossen, was man sich eigentlich auch hätte denken können. Wir erkunden ein wenig das umliegende Viertel und ruhen dann noch eine Runde im Hotel aus. So, und vom Abendessen erzähle ich nix, nicht dass ich wieder als essensfixiert gelte! Obwohl… es war einfach zu lecker… im Restaurant der Alliance Française… und ganz ehrlich: Am Mittag waren wir auch schon da. So, jetzt isses raus!

Sucre (Bolivien)

Sonntag, 31. Dezember

So richtig viel gibt es zu diesem Tag nicht zu erzählen: Lange schlafen, lange frühstücken, eher kurz durch die Stadt spazieren, hier und da einen Kaffee trinken. Am Abend gingen wir dann (herjeh, schon wieder DAS Thema!) essen. Es gibt ein Sieben-Gänge-Menü (aber ehrlich, auch das reicht nicht an Doña Marias Picana in der Garküche der Markthalle heran) und es macht Spaß, mit Sarah und Stefano zusammen zu sein und dann gemeinsam noch auszugehen. Kurz vor zwölf geht’s raus auf den mit jeder Menge Lichterketten und sonstigem Blinkwerk dekorierten Platz. Jetzt beginnt der Countdown, aber wer danach Ausgelassenheit erwartet hat, liegt eher daneben. Das neue Jahr wird eher ruhig in Empfang genommen. Das kann’s noch nicht gewesen sein - also ziehen wir los, das Nachtleben der Stadt zu erkunden. Wir landen auf einem bebauten Gelände etwas abseits vom Stadtzentrum, auf dem einige junge Leute eine Party mit Räumen zum Tanzen und einem Garten zum Chillen  (wenn ich das mal so jugendsprachlich formulieren darf) hergerichtet haben. Und sogar Martin und ich, vermutlich doppelt so alt wie der*die Durchschnittsbesucher*in werden freundlich in Empfang genommen. Die Party ist kein ganz großes Ding, aber es macht Spaß. Schwuppdiwupp läuft das neue Jahr dahin - und schon ist es vier und wir sind zurück im Hotel.

Sucre (Bolivien)

Samstag, 30. Dezember

Unser Hochzeitstag beginnt regnerisch, unser Zimmer und Hotel sind aber sehr gemütlich - der Tag schreit also förmlich nach einem gepflegt-gammeligen Start in denselben. Irgendwann am Mittag lockert es auf und wir erkunden die Stadt. Sucre ist zwar nicht der Regierungssitz, aber doch die Hauptstadt Boliviens, es stehen also so einige geschichtsträchtige Gebäude herum, und die „weiße Stadt“ Sucre ist auch als Gesamtensemble als Unesco-Weltkulturerbe geschützt - zurecht! Es ist wirklich eine sehr schöne Stadt, gerade in der Gesamtwirkung, die sich aber nicht auf Fotos einfangen lässt. Auf unserem Weg treffen wir einen jungen Schweizer (aus dem französischsprachigen Landesteil), der mit uns gerne sein Deutsch üben möchte, und so ziehen wir gemeinsam weiter. Zunächst auf den Friedhof der Stadt, der auch sehr sehenswert ist. Bemerkenswert ist, dass wir hier mit den Grausamkeiten der deutsche Geschichte konfrontiert werden: Es gibt auf dem Friedhof einen speziellen Bereich mit Gräbern von Menschen jüdischen Glaubens, die aus Deutschland hierher nach Bolivien geflohen waren und nun hier beerdigt sind: ein ganzes Gräberfeld mit deutschen Namen. Sehr interessant irgendwie herzerwärmend ist die Grabgestaltung der bolivianischen Gräber: Die Särge werden in eine Art Regalwand hineingeschoben und die Öffnung wird mit einem Kasten mit gläserner Frontseite verschlossen. Und der Inhalt des Kastens zeigt dann oft die Dinge, die der/die Verstorbene mochte. Dementsprechend sind da oft auch Spielkarten, Modellautos, Schnapsflaschen und Zigarettenpackungen liebevoll hineindrapiert. Nach dem Friedhof geht‘s zum Markt, auf dem es auch einen großen Bereich mit Garküchen gibt. Ich sag‘s jetzt trotzdem, auch wenn meine eifrige Leserin Martina W. schon mit leicht kritischem Ton angemerkt hat, dass es in diesem Blog doch recht oft um‘s Essen geht: Das Essen, eine Picana (ein typisches bolivianisches Weihnachtsgericht) war hervorragend! Und wo ich schon dabei bin: Unser um ein Mehrfaches teureres Hochzeitstagsmenü im Hotel konnte da kaum mithalten. Nach dem Abendessen gehen wir zu zweit noch los - und laufen Sarah und Stefano in die Arme, mit denen wir dann gemeinsam den Abend in den Lokalitäten der Stadt gestalten.

Potosí - Sucre (Bolivien)

Freitag, 29. Dezember

Ein Reisetag. Aber bevor wir aufbrechen, müssen wir erst noch die Lokale von gestern abklappern - denn irgendwo habe ich meinen Rucksack mit den Regenschirmen liegenlassen. Zum Glück sind wir schon am zweiten Ort erfolgreich, weil Martin sich nicht von der verschlossenen Tür entmutigen lässt und einen Mitarbeiter entdeckt, der uns einlässt und tatsächlich den Rucksack für uns zurückgelegt hat. (Das Foto habe ich unterwegs aufgenommen, weil mich die Mischung aus Kabelsalat und Weihnachtsdeko doch wirklich fasziniert). Nun wird‘s aber auch schon Zeit für uns, aufzubrechen. Ein Taxi zum Busbahnhof zu bekommen ist nicht so einfach, weil es zwar unendlich viele gibt, sie aber auch alle belegt zu sein scheinen. Schließlich gelingt es uns doch und wir kommen zum Busbahnhof. Es regnet mittlerweile in Strömen und das laute Trommeln auf dem Blechdach und die Rufe der Busabfahrtsankündiger*innen vermischen sich zu einem beachtlichen Lärm. Wir fragen uns durch, bekommen unser Ticket und sitzen schließlich in einem fast leeren Bus, der noch einigermaßen pünktlich abfährt. Aber nun schlängelt er sich mühselig durch den tobenden Verkehr die Hänge Potosís hinauf - um immer wieder lange anzuhalten und Fahrgäste aufzunehmen. Eine Stunde später sind wir ganz oben am Stadtrand angekommen, der Bus ist voll und nun kann es endlich losgehen. Während der Fahrt wird die Landschaft immer grüner, der Regen hört aber erst kurz vor Sucre auf. Wir fahren mit dem Taxi zu einem wirklich schönen Hotel, wo wir unseren zehnten Hochzeitstag und den Jahreswechsel verbringen wollen. Am Abend ziehen wir los, auf der Suche nach Abendessen und Amüsement. Bei unserem ersten Stopp lernen wir einen Musiker aus Sucre kennen, der uns zu einem Laden bringt, in dem heute Live-Musik gespielt wird. Es wird ein netter Abend mit spanischem Achtzigerjahre-Pop!

Potosí (Bolivien)

Donnerstag, 28. Dezember

Leider ist‘s heute regnerisch und so verlängert sich unsere Gemütlich-Frühstücken-und-gemächlich-in-den-Tag-starten-Phase erheblich, auch deswegen, weil, gerade als wir uns aufraffen wollen, Sarah und Stefano am Hotel vorbeigehen - und so sitzen wir gleich wieder bei einem Cafecito zusammen. Schließlich ziehen wir aber doch noch ein wenig durch die Stadt und machen eine Führung durch die Kathedrale mit. Von ihrem Turm aus blickt man zum Cerro Rico, dem „reichen Berg“ (s. Bild), dessen Silberminen überhaupt erst zur Gründung der Stadt Potosí geführt haben. Zwischenzeitlich war sie größer als jede europäische Stadt ihrer Zeit und von hier versorgte sich die spanische Monarchie, auf Kosten unzähliger Zwangsarbeiter, mit Edelmetall, um ihre Macht zu sichern. Dann laufen wir zum Markt, der aber schon nachmittäglich-ruhig daliegt. Und dann beginnt es zu regnen - aber amtlich. Zum Glück können wir auf dem Markt gleich einen zweiten Regenschirm erstehen und gelangen so halbwegs trocken zurück ins Hotel. Am Abend ziehen wir wieder mit Sarah und Stefano los, zunächst in eine Kneipe und dann in ein Speiselokal, das Sarah für uns ausgeguckt und wo sie schon einen Tisch für uns reserviert hatte. Als wir dort ankommen, zeigt sich die Kellnerin aber einigermaßen überfordert davon, dass wir nun zu viert seien - sie habe nur mit einem Gast gerechnet und uns alle zu bewirten ginge jetzt nicht (vielleicht auch, weil das im Moment völlig leer daliegende Lokal eher auf Mittagsbetrieb ausgerichtet ist - vermute ich). Aber irgendwie scheinen die Bolivianer*innen oft auch keine besonderen Verkaufstalente zu sein. Es stehen zwar noch im kleinsten Laden mindestens vier Angestellte rum, aber so richtig Lust, etwas zu verkaufen, scheinen sie in der Regel nicht zu haben… und das Lächeln wird auch oft sehr sparsam dosiert. Nun ja, wir finden aber doch noch eine nette Alternative und ziehen dann noch weiter durch‘s Nachtleben von Potosí. Das ist, zumal an einem Wochentag, übersichtlich, aber wir holen raus, was geht!

Candelaria - Potosí (Bolivien)

Mittwoch, 27. Dezember

Wir haben es geschafft, früh genug aufzustehen, sind mit unserem Jeep in der Dunkelheit über die Salzebene gerauscht und stehen nun ganz oben auf der mit unzähligen Kakteen bewachsenen Insel Incahuasi und harren auf den Sonnenaufgang - die ersten Sonnenstrahlen sollen hier eine besondere Energie vermitteln. Die wäre angesichts des Schlafdefizits auch sehr willkommen! Von der Energie merke ich schlussendlich eher nichts, aber die Atmosphäre und der Ausblick sind wirklich herrlich (s. Foto). Schließlich steigen wir wieder herunter und frühstücken auf dem Salar, bevor es dann weiter über den Salarnach Uyuni geht - mit ausführlichem Fotostop unterwegs, da die Ebene, die dem Augen keinerlei Anhaltspunkte bietet, für einige fotografische Spielereien perfekt geeignet ist. Schließlich erreichen wir Uyuni und sind einigermaßen schockiert von der Hässlichkeit dieses Ortes. Wir stoppen noch beim „Cementerio de trenes“ (Friedhof der Züge) und werden ein letztes Mal von Porfi kulinarisch versorgt. Schließlich werden wir noch zum Busterminal gebracht und nehmen von Iver und Porfi Abschied - es war wirklich super mit den beiden. Zusammen mit Sarah und Stefano fahren wir nun mit dem Bus nach Potosí - ca. 3,5 Stunden durch die Berge, auch diese Stadt liegt auf ca. 4000 Metern… In Potosi empfängt und übefordert uns zunächst der Großstadttrubel, wir schnappen uns ein Taxi und fahren zum Hostal, das zum Glück in einer Fußgängerstraße in der Altstadt liegt. Am Abend erkunden wir noch die Stadt, die sich in ihrem Zentrum mit Leidenschaft dem Weihnachts-Lichterketten-Taumel hingibt. So viel Glitzer und Blingbling habe ich noch nie auf einem Marktplatz gesehen!

Villamar - Candelaria (Bolivien)

Dienstag, 26. Dezember

Heute morgen fahren wir in aller Frühe - und nachdem ich mir amtlich den Kopf am niedrigen Türsturz der Küche angehauen habe und zunächst einmal ganz schön benommen bin - noch einmal zur Laguna Colorada, um sie und die nun auch tatsächlich vorhandenen Flamingoschwärme von einem anderen Beobachtungspunkt und im Morgenlicht zu sehen. Dann geht‘s so richtig in die Wüste, zum Arbol de Piedra (s. Bild) - einer von vielen vom Wind modellierten Felsen, die sich hier aus dem Sand erheben. Dann geht‘s noch an drei weiteren Seen vorbei, unter anderem an der „Laguna Hedionda“ (der „scheußlich stinkenden“). Schließlich fahren wir über unseren ersten Salar über den quer die Güterzugstrecke nach Chile verläuft. Wir winken dem Zug zu und der oder die Lokführer/in lässt die Lok pfeifen - vermutlich begegnet er/sie hier auch nicht oft jemandem. Als wir weiterfahren wollen, merken wir, dass ein Reifen platt ist - aber Iver packt sich unter den Wagen und hat die Sache schnell geregelt. Am Nachmittag erreichen wir unsere Unterkunft, eine ganz aus Salz gebaute Herberge am Rande des Salars von Uyuni. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, fahren wir hinaus auf den Salar, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Der findet allerdings hinter Wolken statt, aber dann geht gegenüber, im Osten, strahlend der Mond auf - ein unglaublicher Anblick über der völlig makellos und fast weiß daliegenden, endlosen Salzebene. Darauf wird mit einem mysteriösen, blauen Getränk angestoßen und dann fahren wir zurück in die Herberge… morgen klingelt der Wecker um 4:00 Uhr, damit wir rechtzeitig zum Sonnenaufgang an der Insel Incahuasi sind. Habe ich schon einmal erwähnt, dass Lateinamerika nix für Langschläfer*innen ist?

Quetana - Villamar (Bolivien)

Montag, 25. Dezember

Heute geht‘s zunächst zur Laguna Kollpa, an deren Ufern sich weißer Borax ablagert, der lange Zeit zur Seifenherstellung abgebaut wurde. Einen kurzen Stopp gibt es an einem kleinen Bauernhof mit jeder Menge Lamas. Von hier stammt auch das heutige Foto, mit Rauchopfer an die Pachamama, die Erdgöttin. Hier ist doch noch einiges der alten amerikanischen Religionen lebendig.  Dann geht es quer durch einen ersten, kleineren Salzsee, den Salar de Chaiviri und von dort zur Laguna Blanca und zur Laguna Verde, in der es wegen des Arsens im Wasser kein Leben gibt. Hinter ihr erhebt sich der fast sechstausend Meter hohe Vulkan Licancabur, der auch die Grenze zu Chile markiert. Dahinter liegt die Atacama-Wüste, die ich vor ca. zwei Monaten besucht habe. Von dort fahren wir zu  heißen Quellen an einem weiteren See, wo wir zunächst von Porfi mit Mittagessen versorgt werden und dann Gelegenheit zum Baden besteht. Sarah und Stefano werfen sich in den warme Pool, mir selbst ist nicht nach Baden und so strolche ich ein wenig am Ufer entlang, fasziniert von Salzablagerungen und den ihnen trotzenden Pflanzen. Allerdings ist der Salzgrund ist  trügerisch und einmal versinke ich schwungvoll bis über die Stiefel im darunter liegenden Matsch. Martin bleibt das erspart, denn er ruht sich einfach ein wenig aus - die dünne Luft ist doch anstrengend, eigentlich bewegen wir uns ständig auf der Höhe des Montblanc. Schließlich fahren wir an die Sol-de-Mañana-Geysire, hier blubbert und dampft es ordentlich, aber doch nicht ganz so spektakulär, wie ich mir das vorgestellt hätte. Eindringlich ist aber der Schwefelgestank. Der letzte Stopp ist die bekannte Laguna Colorada, die aber mittlerweile - wohl auch eine Folge des Klimawandels - ziemlich eingedampft ist. Auch die großen Flamingoschwärme, für die der See bekannt ist, fehlen - beeindruckend ist das Ganze trotzdem, ebenso wie der heftig pfeifende Wind. Schließlich geht es zur unserer heutigen Unterkunft. An einer der Lehmziegelhütten kündigt ein Schild Barbetrieb, Disco und Karaoke an… aber das Etablissement ist ebenso verlassen wie die anderen „Läden“ im Dorf. Aber wir haben ja Sarah und Stefano, die das Abendessen wieder aus ihren Vorräten ergänzen. Sogar einen Panettone (aus bolivianischer Produktion) haben sie dabei! Buon Natale!

Tupiza - Quetana (Bolivien)

Sonntag, 24. Dezember

Es ist Heiligabend, und um halb acht Uhr morgens machen wir uns auf, die höchstgelegene Weihnacht unseres Lebens zu erleben. Von Tupiza aus fahren wir in einem Jeep mit Iver, unserem Fahrer, Porfi, unserer Köchin und mit Sarah und Stefano, einem Pärchen aus Genua in einem Jeep los. Hinter uns fährt das französische Pärchen aus unserem Hotel, das sich unserer Tour angeschlossen hat. Der erste Stopp ist gleich hinter Tupiza an der Quebrada el Palala, wo wir ein Gruppenfoto aufnehmen - ohne zu wissen, dass die Gruppe gleich so nicht mehr bestehen wird: Wir fahren weiter, und nun geht es steil nach oben. Irgendwann merkt Martin, der immer Aufmerksame, dass das französische Pärchen nicht mehr hinter uns ist. Iber lässt und das letzte Stück zum Aussichtspunkt El Sillar laufen und fährt auf der Straße zurück. Einige Zeit später taucht er wieder auf und erklärt uns, dass bei dem anderen Geländewagen der Motor heißgelaufen ist und die beiden wieder zurück nach Tupiza und in die Werkstatt mussten. Sehr schade ist das, wir hatten uns schon auf die Fahrt mit den beiden gefreut. Nun geht es also nur noch zu sechst weiter durch eine spektakuläre Gebirgslandschaft und in immer größere Höhen. Sehr beeindruckend sind die zu bizarren Skulpturen ausgewaschenen Steinwände der Ciudad del Encanto, am meisten beeindruckt mich aber San Antonio del Nuevo Mundo, eine Geisterstadt an einem Berg, an dem die Spanier, ähnlich wie in Potosí, große Mengen Silber abbauen ließen - von den unterworfenen Einheimischen, aber auch von Sklaven, die aus Afrika hierher, in die Halbwüste des Altiplano verschleppt worden waren. Es lässt mich noch heute erschauern, mir vorzustellen, wie diesen Menschen Gewalt angetan wurde und sie sich hier fast oder tatsächlich zu Tode schuften mussten. Das Foto von heute zeigt den Blick von der Ruine einer der vielen Kirchen des Ortes (die katholische Kirche hatte offensichtlich kein Problem mit all dieser Grausamkeit) zu dem Berg, in dem die Minen lagen. Dann fahren wir wieder - was für ein Kontrast - über die wunderschön im Abendlicht liegende raue Landschaft um recht spät an unserer Unterkunft in einem kleinen Dorf aus Lehmziegelhäusern anzukommen. Dort bereitet uns Porfi dann ein Heiligabendessen mit leckerer Gemüsesuppe, Fleisch und Püree sowie Gebäck und Erdbersekt zu. Begleitet wird das ganze von bolivianischem Wein, den Sarah und Stefano in weiser Voraussicht mitgebracht haben. Zwei Kinder aus der Nachbarschaft kommen auch noch zum Singen und Panflöte-Spielen vorbei. Heiligabend auf der Hochebene… nicht wie daheim, aber doch auch echt gesellig und ganz besonders! Um zehn Uhr ist allerdings auch schon Schluss, weil da der Stromgenerator im Dorf abgeschaltet wird - und Kerzen gibt‘s keine.

¡Feliz Navidad! - Frohe Weihnachten!

Liebe Freund*innen und eifrige Blogleser*innen, habt frohe, heitere und glückliche Festtage! Martin und ich werden von Heiligabend bis zum 27. Dezember vermutlich außerhalb jeglicher Netzabdeckung in der Natur Südwestboliviens unterwegs sein - also gibt es neue Blogeinträge frühestens am 28.12. Dann wird aber alles nachgereicht! Bis dahin erfreut euch an liebevoll gestalteten Weihnachtsbaumalternativen aus dem warmen Süden. Ich freue mich schon sehr darauf, euch wiederzusehen! Liebe Grüße, euer Joachim

Tupiza (Bolivien)

Samstag, 23. Dezember

Heute starten wir früher, denn um neun beginnt unser Ausritt zu den Naturattraktionen Tupizas -  geologisch hat die Stadt nämlich deutlich mehr zu bieten als architektonisch, und auch wenn wir auf unserer Reise  schon eine ganze Menge Steine gesehen haben, sind wir doch wieder durchaus beeindruckt - aber das Tollste daran ist natürlich, dass wir das Ganze vom Rücken von Pistolero und Moro, unseren beiden Pferden, aus besichtigen können. Unter Anleitung unseres Führers erproben wir Schritt, Trab und Galopp und fühlen uns wie die lonesome Cowboys (Martin sieht auch so aus, s. Foto) … oder wie die Gauchos… oder wie nennt man die in Bolivien? Auch unterhalten wir uns gut mit unserem Guide, sodass die drei Stunden sehr kurz erscheinen - nur unsere Hintern sind anderer Meinung. Den Nachmittag verbringen wir wieder am und im Pool und im Gespräch mit den anderen Hotelgästen. Am Abend gehen wir abermals in die Stadt, um ein paar Sachen für unseren bevorstehenden viertägigen Geländewagentrip einzukaufen. Auch müssen wir noch einmal Geld wechseln - und die nette Dame zeigt uns heute auch Fotos ihres Onkels, die sie extra für uns von ihrer weiteren Verwandtschaft angefordert hat. Dann geht‘s wieder auf die Jagd nach einem Abendessen. Heute ist in der Stadt noch mehr los, da so etwas wie ein Weihnachtsumzug stattfindet. Das ist aber keine brave, zeitlich, räumlich und polizeilich geordnete Veranstaltung, wie man das aus Deutschland kennt - vielmehr fahren die absurdesten Gefährte, liebevoll dekoriert mit Lichterketten und ähnlichem Brimborium und ausgestattet mit kraftvollen Lautsprechern, aus denen fürchterlichster Weihnachtspop dröhnt, kreuz und quer durch die Stadt, umgeben von weihnachtsmannmützen-tragenden oder auch aufwändiger verkleideten Tupizeños (also Leuten aus Tupiza). Während ich diese Zeilen schreibe, dauert die Party noch an…

Tupiza (Bolivien)

Freitag, 22. Dezember

Wir schlafen gemütlich aus und frühstücken entspannt und ausgiebig im Hotel - es gibt Kaffee! Dann geht‘s hinaus ins Städtchen. Tupiza ist wirklich keine Schönheit, aber so mancher beweist hier schon intensiven architektonischen Gestaltungswillen, wie das heutige Foto zeigt. Auch die Tuktuks haben die wildesten Designs und fahren auch so, wie alle anderen übrigens auch - es gilt das Recht des Stärkeren. Wir versuchen, Geld abzuheben, aber das funktioniert nicht, so dass wir in einem Wechselbüro unsere Dollars eintauschen, verbunden mit ausführlichsten Erzählungen der Inhaberin über ihren deutschen Onkel. Danach finden wir ein Lokal zum Mittagessen und den Nachmittag verbringen wir im Hotelgarten und im Gespräch mit einem Franzosen mit spanischen Wurzeln, der mit seiner Frau in einem tollen selbstgebastelten Geländewagen-Wohnmobil durch Südamerika fährt - die beiden wollen sich übermorgen unserer gebuchten Tour durch den wilden Südwesten Boliviens (Salar de Uyuni, Laguna Colorada, etc.) anschließen. Am Abend versuchen wir wieder unser gastronomisches Glück und werden nach längerer Suche und geleitet von Einheimischen tatsächlich fündig: Eine Pizzeria, die heute eröffnet, mit schönem Innenhof, Gratis-Begrüßungs-Aperol-Sprizz und recht leckerer Pizza. Nur der Wein is… wieder nix!

Tilcara (Argentinien) - Tupiza (Bolivien)

Donnerstag, 21. Dezember

Heute ist der 100. Tag meiner Reise - und in der Tat ist es ein Reisetag: Am Morgen nehmen wir den Bus von Tilcara nach La Quiaca an der argentinischen Grenze. Vom Busbahnhof muss man zu Fuß an die Grenzanlagen gehen. Ein equatorianisch-peruanisches Pärchen schließt sich uns an, wir laufen über staubige Straßen zur Grenzbrücke und reihen uns in die Schlange ein, werden weitergeleitet, umgeleitet und schließlich durchgeleitet… sehr unübersichtliche Sache, aber schließlich sind wir in Bolivien, im Grenzort Villazón. Jetzt erstmal einen Kaffee! Aber der ist in der trubeligen Stadt gar nicht so leicht zu finden, bzw. gar nicht. Also nehmen wir ohne Kaffee ein Taxi zum Bahnhöfchen der Stadt. Hier werden wir als zunächst einzige Wartende freundlich in Empfang genommen, Martin hat auch einen längeren Plausch mit der Toilettenfrau - und ansonsten warten wir auf den „Zug“ - der entpuppt sich aber als ein Schienenbus mit dem schließlich eine gemächliche, schwankende, von Siebzigerjahre-Schlagern untermalte Fahrt beginnt. Der Zug fährt nur alle paar Tage und wir sind auf dem ersten Abschnitt von drei Stunden exakt sechs Fahrgäste. Reichlich Platz also, um links und rechts aus dem Fenster zu schauen und den Leuten am Rand der Gleise zuzuwinken. Schließlich kommen wir in Tupiza an und sind erst einmal ein wenig überfordert: Nur knapp fünfzigtausend Menschen leben in Tupiza, aber alle scheinen auf der Straße zu sein, ebenso wie unzählige Tuktuks (2000 sind’s, wie wir erfahren) und andere Gefährte, sowie Stände eines Weihnachtsmarktes, der für das an deutsche Weihnachtsidylle gewöhnte Auge kaum als solcher zu erkennen ist. Wir finden unser Hotel (ganz hübsch aber die bolivianischen Angestellten sind eher wenig lächelfreudig) und machen uns auf die Suche nach einem Café, was sich wieder als völlig unrealistisches Unterfangen erweist. Immerhin finden wir später noch ein liebevoll überdekoriertes Lokal zum Abendessen. Alles ok hier - nur der Wein is nix!

Salta - Tilcara (Argentinien)

Mittwoch, 20. Dezember

Das darf einfach nicht passieren: Wir sind versehentlich zu früh aufgestanden, weil wir dachten, unser Bus führe um viertel nach neun. Dementsprechend eilig frühstücken wir und nehmen ein Taxi zum Busbahnhof, nur um dort festzustellen, dass wir nicht richtig auf unsere Tickets geguckt haben: Der Bus fährt erst um halb elf! Was hätten wir ausschlafen können!! Nun schlagen wir die Zeit mit einigen Kaffees tot und nehmen schließlich den Bus, der uns näher an die bolivianische Grenze, nach Tilcara bringt. Als wir aus dem Bus steigen, treffe ich einen Bekannten, den Tanja und ich zusammen mit Stef und Steph in El Chaltén kurz kennengelernt hatten. Die Welt ist eben doch klein! Tilcara ist ein kleines, aber recht hübsches Nest in den Bergen, das vermutlich ausschließlich vom Tourismus lebt. Wir kommen in einer sehr netten, etwas hippiesken Hotel-Hostel-Kombination unter. Dann gehen wir etwas essen und das ist heute auch mein Blog-Bild: ¡Sopa de maní! Erdnusssuppe!! Wer weiß, wie wir uns auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt schon die Seele aus dem Leib gebrüllt haben, um unsere Erdnusssuppe zugunsten unseres Projekts in El Salvador an den Menschen zu bringen, der/die wird verstehen, dass meine erste authentische lateinamerikanische Erdnusssuppe unbedingt mit einem Foto gewürdigt werden muss. Nach dem Nachmittagsimbiss unternehmen wir noch eine kurze Wanderung in die „Garganta del Diablo“, eine Schlucht oberhalb des Dorfes - das ist nun schon die dritte „Teufelsgurgel“, die ich auf meinem Amerika-Trip besuche… da wäre mal etwas mehr Namensgebungskreativität gefordert!

Salta (Argentinien)

Dienstag, 19. Dezember

Der Tag beginnt perfekt: mit Ausschlafen! Und dann mit einem ausführlichen Frühstück. Dann allerdings sind wir eine ganze Weile mit Orga-Angelegenheiten beschäftigt: Übermorgen soll es ja nach Bolivien gehen - und zu Weihnachten will man ja schon so ungefähr wissen, wo man sein will - und ob da noch nicht alles ausgebucht ist. Am Nachmittag touren wir dann endlich einmal ausführlich durch Salta. Uns beiden gefällt die Stadt mit ihrem quirligen Zentrum und der schönen alten Architektur wirklich gut (auf dem Foto der angeblich höchste Kirchturm Südamerikas… aber ich will dafür nicht die Hand ins Feuer legen und muss übrigens auch zwei Behauptungen aus vergangenen Blogeinträgen revidieren: Unser Hotel ist nicht in einem alten Konvent untergebracht - der liegt daneben, einen Block weiter. Und, noch weiter zurückliegend: Von Ushuaia sind es nicht 2000 km bis zum Südpol sondern bis zum Beginn des antarktischen Eisschilds. So, das lag mir noch auf der Seele ;-) Nun zurück nach Salta: Irgendwann sind wir mit unserem Spaziergang in deutlich langweiligeren Gegenden der Stadt angekommen und entscheiden uns, ein Taxi zurück zum Hotel zu nehmen. Und am Abend gibt es noch ein leckeres argentinisches Essen - ich bekomme Karnickeleintopf! Lecker!!

Calilegua - Salta (Argentinien)

Montag, 18. Dezember

Das war eine Höllennacht! Der Stromausfall dauert bis drei Uhr morgens - und dementsprechend läuft die Klimaanlage nicht, was bedeutet, dass es im Zimmer immer heißer wird und an Schlaf nicht mehr zu denken ist. Irgendwann halte ich unser Bettlaken unter die Dusche - so bringt es etwas Kühlung, aber dann sind da ja auch noch die Moskitos! Als um fünf Uhr dreißig der Wecker klingelt, sind wir total gerädert. Aber wir wollen ja früh los, um im Nationalpark ein paar der über 500 Vogelarten zu sehen, die dort angeblich leben. Es sei hier also verkündet: Martin steht um sechs Uhr morgens (!) parat und macht sich ohne Kaffee (!!!) auf zur Vogelbeobachtung. Ich bin baff! Und auch sehr müde! Den Vogel, auf den wir am meisten hoffen, den Tukan, sehen wir tatsächlich gleich im Dorf, noch vom Auto aus. Im Park sieht‘s eher mau aus - oder wir haben einfach nicht den geübten Blick: Gelegentlich pfeift und zwitschert was - aber wir sehen nix… naja, doch, immerhin ein Vogelnest (s. Foto) Und es wird immer heißer, weswegen wir um zehn Uhr doch beschließen, unsere Expedition zu beenden und zurück nach Salta zu fahren. Um zwei Uhr sind wir zurück in der Stadt und müssen das Auto waschen lassen, um es rückgabefertig zu machen. Kein leichtes Unterfangen: Wir hatten schon einen Termin in einem Autowaschservice gemacht, aber der teilt uns dann mit, dass er kein Wasser hat. Stromausfall, Wasserstopp - es scheint wirklich nicht so rund zu laufen in Argentinien… Am Ende schaffen wir aber doch noch alles und lassen uns glücklich und todmüde im Hotel aufs Bett fallen und lauschen dem strömenden Regen, der mittlerweile eingesetzt hat.

Salta - Calilegua (Argentinien)

Sonntag, 17. Dezember

Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und checken für eine Nacht aus, denn heute wollen wir beim Nationalpark von Calilegua übernachten - den Vertrag für unseren Mietwagen haben wir deswegen um zwei Tage verlängert. Die Fahrt dort hin ist für argentinische Verhältnisse ziemlich kurz, nur drei Stunden, aber wir kommen trotzdem erst um zwei Uhr an, weil wir a) am Morgen zu gemütlich waren und b) des öfteren anhalten um lustige Weihnachtsbaumalternativen am Straßenrand zu fotografieren, die bei 40 Grad im Schatten vor sich hinbrüten. Nachdem wir unser Gepäck in einer ziemlich schlichten Familienpension gelassen haben (die aber bemerkenswerterweise deutlich mehr kostet als unser Hotel in Salta), fahren wir in den Nationalpark. Es ist toll, mal wieder im Wald zu sein! Dieser, die sogenannte Yunga, zieht sich die Berghänge hinauf, bis zur Nebelwaldzone. Selbst hier ist aber heute kein Nebel, aber immerhin ist es zehn Grad kühler als im Tal. Zusammen mit Santiago, einem Nationalpark-Ranger aus der Nähe von Buenos Aires, der auch eine Reise hierher macht, schleichen wir durch den Wald, beobachten Papageien und unscheinbare Hühnervögel, lauern aber umsonst auf den Tukan und den Tapir - dafür bleibt uns aber auch die Begegnung mit dem Puma und dem Leoparden erspart. Auf dem Rückweg halten wir noch die Füße in den Bergbach, der aber auch Badewannentemperatur hat. Danach suchen wir etwas zu essen, aber die umliegenden Orte sind völlig trostlos - nur in unserer Pension kriegen wir noch eine Pizza - und einen Stromausfall dazu. Den heutigen Blogeintrag schreibe ich dementsprechend bei Kerzenschein und bei immer noch 33 Grad - um 21:00 Uhr!

Salta (Argentinien)

Samstag, 16. Dezember

Ein trauriges Frühstück ist das heute, denn um acht Uhr dreißig wird Tanja vom Taxi abgeholt, wir nehmen Abschied und sie macht sich auf den Weg zum Flughafen. Martin und ich bleiben zurück und verbringen erst einmal einige Zeit im Hotel um unsere weitere Reise zu planen. Am Mittag brechen wir dann kurz auf, essen etwas, woran wir uns nicht erinnern wollen, laufen ein wenig durch die Stadt und nehmen die Seilbahn um vom nahen Berggipfel den Ausblick über Salta zu genießen. Dann geht‘s aber auch schon wieder zurück, denn das Organisieren so einer Reise nimmt schon einiges an Zeit in Anspruch - das macht man sich vielleicht nicht immer so klar. Zum Glück können wir zwischendurch mal in den Pool hüpfen, aber letztendlich gerät der heutige Tag doch eindeutig zum Admin-Day. Erst spät am Abend nehmen wir ein Taxi zu einem Jazzlokal im Ausgehbezirk der Stadt - hier ist ordentlich was los, es ist ja auch Samstag. Abendessen gibt‘s kurz vor Konzertbeginn, also kurz nach zwölf. Und beim Jazzkonzert muss mich Martin doch manchmal anschubsen, weil ich gelegentlich einnicke.

Cafayate - Salta (Argentinien)

Freitag, 15. Dezember

Am Vormittag brechen wir auf nach Salta, nehmen aber zunächst die falsche Abzweigung, so dass wir nach einer halben Stunde umkehren müssen. Beim zweiten Versuch sind wir richtig und fahren noch einmal, diesmal ohne Fotostopps, durch die Quebrada de las Conchas. Unterwegs kommt uns das Radlerpärchen von gestern entgegen, die beiden haben dann wohl doch unterwegs campiert. Auf der Fahrt stoppen wir nur zum Essen und um gelegentlich originelle argentinische Weihnachtsbäume zu fotografieren. Etwa um fünf kommen wir dann in Salta an und ziehen in ein sehr schönes Hotel, das sich in einem früheren Klostergebäude befindet und entsprechend verwinkelt ist. Unsere Zimmer liegen in einer Art Gartenhaus direkt an dem kleinen Pool - der ist bei 38 Grad wirklich sehr willkommen. Dann geht‘s raus in die quirlige und gleichzeitig sehr schöne Stadt, zum Besichtigen bleibt aber kaum Zeit, weil wir erst noch Geld wechseln müssen. Das geht hier nun ganz offen auf der Straße - und insgesamt scheint nach der radikalen Abwertung des offiziellen Pesos vor zwei Tagen die monetäre Verwirrung groß zu sein. Danach fahren wir zum Kunsthandwerksmarkt, denn Tanja will noch Alpaka-Pullis für die Familie als Mitbringsel erstehen - sie fährt ja leider schon morgen.  Danach sind wir wieder in der Stadt, hören noch ein kleines Konzert mit Gitarre, Trommel und Gesang auf der Straße und danach ein Chorkonzert in der Kirche, dann kehren wir kurz ins Hotel zurück, und endlich machen wir uns auf den Weg in ein etwas entfernteres Lokal, und um elf Uhr gibt es auch schon Abendessen!

Cafayate (Argentinien)

Donnerstag, 14. Dezember

Nach einem eher kargen Frühstück, bei dem uns genau vier Tassen Kaffee zugestanden wurden (weil wir ja zwei Doppelzimmer hatten), fahren wir in die Quebrada de las Conchas - ein tiefer Taleinschnitt durch eine Bergkette mit sehenswerten, sandsteinroten Felsformationen. Da es in der Nacht geregnet hat, fließt nun tatsächlich auch ein breiter Fluss durch das zuvor staubtrockene Flussbett. Eigentlich wollen wir vor allem Wandern, aber wir beschließen, zunächst einmal durch das ganze Tal zu fahren, um zu wissen, wo es sich besonders lohnt - aber vor lauter Ahhs und Ohhs und den damit verbundenen Fotostopps kommen wir nur langsam vorwärts. Irgendwann werden die Straßenverhältnisse schwierig, weil das Gewitter ordentlich Sand, Kies und Gestein über die Straße gespült hat. Deswegen beschließen wir bei einem Kaffee am alten Bahnhof von Alemania, dass wir umkehren. (Der Ort trägt seinen Namen übrigens weil die seit 1971 stillgelegte Bahnlinie seinerzeit von Deutschen gebaut wurde.) Vor unserer Kaffeepause haben wir ein spanisch-polnisches Pärchen getroffen, dass seit zwei Jahren mit dem Fahrrad durch die Welt radelt, aber auch die beiden kapitulieren fast vor der Schlammpiste und erwägen, bei uns per Anhalter mitzufahren. Schließlich entschließen sie sich aber doch, weiter zu radeln. Wir unternehmen noch ein paar klägliche Wanderversuche, aber es ist auch einfach zu heiß! Erfolgreicher sind wir am Abend bei der Restaurantsuche und lassen es uns dort dementsprechend gutgehen.

Chilecito - Cafayate (Argentinien)

Mittwoch, 13. Dezember

Die Idee, Mahlzeiten aufzusplitten, führen wir am nächsten Tag gleich weiter, denn nach dem eher mageren Erstfrühstück in unserer Unterkunft verlagern wir uns gleich zum Zweitfrühstück auf die Plaza, denken aber nicht daran, dass man hier Parkgebühren zahlen muss - und natürlich haben wir gleich ein Ticket. Als ich mich schuldbewusst an die Dame vom Ordnungsamt wende, sagt sie, dass sie, wenn sie gewusst hätte, dass wir Touristen sind, keinen Strafzettel ausgestellt hätte… Nun ist er aber schon im System, praktischerweise kann man ihn allerdings gleich am Platz in einem Pavillon der Kommune bezahlen, und 1,20 Euro sind auch verschmerzbar. Bei weiterer Beobachtung wird uns auch das System der Parkkontrolle deutlich: Sieht die Dame ein falsch geparktes Auto, schickt sie zunächst einen durchdringenden Pfiff über den Platz, dann hat man noch die Chance, gelaufen zu kommen und das Auto rasch umzuparken - sehr nett und rücksichtsvoll! So, nach dem dritten Kaffee machen wir uns endlich auf den Weg nach Cafayate, immerhin liegen 463 Kilometer vor uns - in Argentinien ist alles immer weit weg! Aber es macht ja auch Spaß, bequem vom Auto aus die Landschaft zu bewundern. Allerdings trübt sich das Wetter zunehmend ein und ein Gewitter kündigt sich mit hoch aufgetürmten Wolken und in Windhosen aufwirbelndem Staub an. Und dann geht‘s auch amtlich los - zum Glück hat Martin noch rechtzeitig daran gedacht, dass wir unser Gepäck von der Ladefläche holen müssen, denn bei dem Wolkenbruch wäre nichts trocken geblieben. Als es schließlich wieder aufklart, ist es schon Abend und wir gelangen zu den Ruinen der Stadtanlage von Quilmes, die von dem gleichnamigen Volk ab dem 10. Jahrhundert erbaut wurde. (s. Foto) Sie liegt an einem Hang vor der Ebene, gerahmt von zwei Forts. Obwohl wir eigentlich zu spät kommen, dürfen wir die Anlage noch besichtigen, was natürlich großartig ist, weil wir so ganz alleine durch die Ruinen streifen können. Später nehmen wir dann in Cafayate Quartier.

Villa Unión - Chilecito (Argentinien)

Dienstag, 12. Dezember

Weiter geht‘s auf unserer Tour in den argentinischen Norden, diesmal nach Famatina, um den Cañón de Ocre, den Ocker-Canyon, zu besuchen. Vorher geht es aber noch durch die Cuesta de Miranda, eine weitere interessante Fahrt an einem Fluss entlang, der sich zwischen Bergen hindurchzieht. In Famatina treffen wir unseren Führer, der uns, entlang eines tiefgelben Flusses zu den Ockerwänden und dem davor liegenden See führt (s. Foto) - hier und weiter oben in den Bergen entsteht die kräftige Färbung des Wassers. Ein wenig weiter geht es noch in die Berge hinauf, aber irgendwann haben wir uns auch sattgesehen und vereinbaren mit unserem ansonsten sehr schweigsamen Führer, wieder nach Famatina zurück zu fahren. Dann fahren wir nach Chilecito, wo wir unsere Unterkunft für die kommende Nacht haben. Chilecito heißt so wegen der vielen chilenische Bergarbeiter, die in den umgebenden Minen arbeiteten und noch arbeiten. Unter anderem wird hier nach Gold geschürft. Am netten Stadtplatz nehmen wir einen Imbiss - fast schon ein erstes Abendessen - bei „Borussia“ ein, und es stellt sich heraus, dass der Eigentümer des Lokals den Namen tatsächlich so gewählt hat, weil er ein Fan des Dortmunder Fußballvereins ist. Nett ist‘s hier, und schließlich schlagen wir hier auch für unser Zweit-Abendessen wieder auf, nachdem wir auf der Suche nach überzeugenden gastronomischen Alternativen lange und erfolglos durch die Stadt gewandert sind.

Villa Unión (Argentinien)

Montag, 11. Dezember

Wir schaffen es, früh am Start zu sein und fahren zum Talampaya-Nationalpark - noch ist es nicht zu heiß. Hier wollen wir eine Wanderung mit einem Guide unternehmen, dazu müssen sich aber mindestens vier Wanderwillige anmelden. Da wir offensichtlich in der Nebensaison kommen, findet sich aber niemand weiteres, sodass wir noch für eine vierte Person zahlen. Dann geht‘s im Kleinbus über die weite Ebene zu dem vor uns aufragenden Gebirge an den Beginn des Cañons, dessen Steinformationen den Park berühmt machen. Die Wanderung ist spannend, unser Guide erklärt viel und wir führen interessante Gespräche mit ihm, vor allem aber sind die vor uns aufragenden, von Wind und Wasser abgeschliffenen Felsentürme, -wände  und -schluchten aus tiefrotem Sandstein wirklich sehr beeindruckend. Allerdings wird es auch zunehmend heiß… das Thermometer klettert auf vierzig Grad! Aber egal, es lohnt sich. Obendrein sehen wir bei unserem Rückweg tatsächlich zum ersten Mal ein Gürteltier! Tanja und Martin schaffen es auch, ein Foto von ihm zu machen - ich bin nicht so reaktionssschnell... Den Rest des Tages verbringen wir im Schatten im Garten unseres Hostels. Tanja möchte gerne in den kleinen Pool hüpfen, aber da sind gerade Bauarbeiter beschäftigt - und den Plan, sie mit einer gezielten Arschbombe zu vertreiben, setzt sie dann doch nicht um.

Barreal - Villa Unión (Argentinien)

Sonntag, 10. Dezember

Da sind wir ambitioniert mit einem frühen Frühstück in den Tag gestartet… aber dann haben wir uns doch ein wenig festgesessen und -gequatscht. Dementsprechend bleibt keine Zeit für größere Unternehmungen in der Umgebung und wir machen uns auf den Weg in Richtung Villa Unión, aber auf dem Weg gibt‘s so einiges zu sehen: Mehrfarbige Gesteinsformationen am Cerro de los Siete Colores und am Cerro Alcázar, gewagte Straßenverläufe durchs Gebirge, schließlich wieder eine beeindruckend weitläufige Hochebene - die Weite der Täler ist ein wesentlicher Unterschied der Anden im Vergleich zu den Anden. Schließlich kommen wir an einen türkis schimmernden, einladenden See - die Anfahrt über eine nur für Geländewagen geeignete Strecke bringt mich allerdings ordentlich ins Schwitzen, und dann versinken Tanja und ich beim Versuch, die Füße zu kühlen, fast bis zu den Knien im weichen Sand-Ton-Gemisch des Ufers… Nachdem Martin den Wagen wieder zurück zur Straße manövriert hat, sehen wir, dass nur ein paar Meter weiter die gepflegte Zufahrt zu einer schönen Badestelle mit dem Namen „Islas Griegas“ (Griechische Inseln) liegt. Naja, wir hatten dafür mehr Abenteuer! Jetzt wird‘s langsam Zeit, Strecke zu machen - aber hinter einer weiteren, spektakulären Passstraße gelangen wir in einen Ort, wo wir uns ein wenig verfahren… fragen kann man kaum jemanden, weil hier die sonntäglichste aller denkbaren Sonntagsruhen herrscht - also gibt‘s auch kein geöffnetes Lokal mit WLAN… aber schließlich, und nach einer weiteren Irrfahrt, finden wir doch noch den Weg über die Ruta 40 nach Villa Unión. Hier finden wir eine sehr schöne Unterkunft, aber die Suche nach dem Abendessen gestaltet sich schwierig und ist mit viel Lauferei verbunden. Schließlich schaffen wir aber auch das noch.

Mendoza - Barreal (Argentinien)

Samstag, 9. Dezember

So, jetzt haben wir aber einen Mietwagen klargemacht und brechen dementsprechend endlich gegen Mittag mit unserem geländegängigen Gefährt aus Mendoza auf und fahren in die Precordillera, die Vorberge der Anden. Sehr schön ist, dass wir nun, anders als bei organisierten Touren, die Fotostops selbst festlegen können - und das sind nicht wenige, denn das tief eingeschnittene Flusstal, an dem entlang wir nach Uspallata fahren, ist wirklich spektakulär. Reichlich Rafting wird auf dem wilden Gewässer auch betrieben. Am frühen Nachmittag sind wir in Uspallata, erstehen erfolgreich ein paar leckere Empanadas - aber die Suche nach einem Kaffee gestaltet sich schwierig. Am Ende sind wir in einem Biker-Lokal erfolgreich. Dann geht‘s weiter über die Hochebene zwischen Precordillera und eigentlicher Andenkette. Wir stoppen an einem Salar, einem ausgetrockneten See, auf dem gelegentlich Windcarts fahren. Das sind im Prinzip Windsurfbretter auf Rädern, wir haben die Fahrer aber nur beim Herankarren ihres Equipments beobachtet… auf dem Foto sieht man deswegen „nur“ Martin und Tanja auf dem Weg zum „See“ - mit echten Sechstausendern im Hintergrund. Später halten wir noch im Leoncito-Nationalpark. Hier gibt es angeblich Pumas, ganz sicher eine historische Apfelplantage und wegen der klaren Höhenluft einige Observatorien, aber wir wollen dann doch nicht bis zur Nacht hier verharren. Wir fahren also weiter bis nach Barreal, wo wir bei „El Alemán“ Quartier nehmen. Das ist tatsächlich ein Deutscher, der hier mit seiner argentinischen Frau nach seiner Pensionierung in Buenos Aires eine Ferienhausanlage geschaffen hat. Dementsprechend gibt‘s zum Abendessen nicht nur Gespräche mit den beiden sondern auch Braten mit Soße, Kartoffeln, Gemüse …und Rotkraut! - ist ja auch mal wieder was anderes!

Mendoza (Argentinien)

Freitag, 8. Dezember

Projekte für heute: Fortsetzung der Jagd auf einen Mietwagen und vertiefte Stadterkundung in Mendoza. (Das Bild mit dem Hochhaus in modernisiert-gotischer Optik ist am zentralen, parkartigen Plätz im Zentrum entstanden.) Die Mietwagensuche gelingt im Laufe des Vormittags - wir haben nun eine Zusage für morgen, es kann also weitergehen. Na, dann auf zur Stadtbesichtigung. Zunächst einmal in den Stadtpark, der liegt gleich nebenan ist sehr ausgedehnt und in Teilen auch wirklich hübsch. Die Tatsache allerdings, dass die schmiedeeisernen Tore zum Park, die dereinst aus Großbritannien importiert worden sind, an privilegierter Stelle im Reiseführer stehen, lässt uns in Bezug auf die noch zu erwartenden, weiteren Highlights etwas skeptisch werden. Zurecht: Tanja hatte bei der Touristeninfo gefragt, ob es auch so etwas wie eine „Altstadt“ gäbe - die freundliche Angestellte meinte strahlend „¡Claro!“ und wies uns den Weg - Aber offensichtlich dachte sie bei „Altstadt“ eher an einen besonders ollen Stadtteil… Je nun, dann also auf nach Maipú, wo Weingüter, Weingärten und Weinverkostungen zu erwarten sein sollen. Das Ganze sollte man fröhlich per Fahrrad erkunden können. Die Realität: Der Fahrradverleih macht um drei schon zu und das Viertel hat den Charme eines bundesrepublikanischen Industriegebiets… Also mit der Straßenbahn zurück. Immerhin gibt‘s noch ein gutes Abendessen… Hat jemand den Eindruck, dass wir uns zu sehr mit Essen beschäftigen? Kann schon sein, aber was bleibt einem hier denn sonst?

Mendoza (Argentinien)

Donnerstag, 7. Dezember

Ich rüttele Tanja und Martin um acht Uhr morgens wach, weil ich denke, dass der Bus gleich ankommt - aber das soll dann doch erst um zehn Uhr sein. Nun ja, immerhin gibt das Gelegenheit zur Würdigung der vorbeiziehenden Landschaft, die sich langsam von Steppe zu Agrarland wandelt. Auch die ersten Weinreben kommen in den Blick - Mendoza ist ja die Weinkapitale Argentiniens. Sehr vielversprechend! Und obendrein scheint die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Das bleibt auch den ganzen Tag lang so. Am Ziel angekommen beziehen wir eine schöne Ferienwohnung gleich neben dem Park und ziehen auch gleich los, um das Stadtzentrum zu erkunden. Die Stadt ist nach ihrer weitgehenden Zerstörung durch ein Erdbeben in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nach neuem Plan wieder aufgebaut worden, mit breiteren, baumbestandenen Straßen und großen Plätzen. Es ist ganz hübsch, hier entlang zu flanieren, die ganz, ganz große Begeisterung, mit der die Stadt in unserem  Reiseführer beschrieben wurde, können wir allerdings nicht vollständig nachvollziehen. Ist halt nett hier, nicht mehr, nicht weniger. Leider sind wir am Nachmittag schon wieder mit Orgaangelegenheiten beschäftigt, da wir versuchen, eine Auto für die weitere Reise zu mieten - nicht einfach angesichts des bevorstehendem langen Wochenendes und beginnender Weihnachtszeit… wir schließen das Projekt an dem Tag noch nicht ab. Im Projekt Essen sind wir besser aufgestellt: Heute gibt es ein ausführliches Mehrgängemenü auf regionaler Produktbasis in einem ausgezeichneten Restaurant - mit vorzüglicher Weinbegleitung, wie sich das hier gehört. Das Foto zeigt den Sturm auf‘s Dessert…

Buenos Aires - Mendoza (Argentinien)

Mittwoch, 6. Dezember

Nach dem letzten Abend ist wieder spätes Aufstehen angesagt - und das Wetter lockt auch gerade nicht so sehr nach draußen: Es regnet in Strömen. Aber immerhin schaffen wir es wieder bis in „unser“ Café und frühstücken gemütlich. Eigentlich wäre es ein Tag für gründliche Museumsbesuche, aber am Ende wird es doch eher ein „Admin-Day“: Ich muss mich mit meinem Telefonanbieter herumschlagen und Tanja braucht ein Ticket für ihren Flug zum Flug von Salta nach Buenos Aires, was sie aber nur im Büro der Fluggesellschaft kaufen kann. Dementsprechend unspektakulär verläuft der Tag - und ich habe auch nur ein Foto von der beregneten Außenbestuhlung unseres Cafés zu bieten. Was haben wir heute geschafft? Nun ja, wir haben uns noch gelegentlich in eine andere gastronomische Einrichtung verlagert und am Ende unsere Sachen gepackt und sind zum Busbahnhof gefahren. Um halb neun fährt der Nachtbus nach Mendoza ab. Sehr schön: Wir haben bequeme, breite Liegesessel - und Tanja und Martin haben Brot, Käse, Oliven, Tomaten, Wurscht und Wein eingekauft!

Buenos Aires (Argentinien)

Dienstag, 5. Dezember

Mensch, wir können schon wieder ausschlafen! Und wir lassen den Tag wieder gaaanz langsam mit einem Frühstück im Café nebenan angehen. Noch ist das Wetter gut, sodass ich Martin bei Sonnenschein durch San Telmo und La Boca führen kann. Dann laufen wir wieder zurück und treffen uns mit Tanja auf der Plaza de Mayo - sie hat zwischenzeitlich versucht, ein Flugticket zu erstehen, denn in elf Tagen, wenn wir vermutlich im Norden Argentiniens sind, muss sie zurück nach Buenos Aires, um ihren Flug nach Deutschland zu erwischen - aber das mit der Flugbuchung klappt nicht gleich. Vielleicht will das Schicksal ja, dass wir noch länger zusammen reisen? Wär ja nett… Was nicht mehr so nett ist, ist das Wetter bei unserem Sightseeing-Trip (auf dem Foto der Obelisk auf der neunspurigen Avenida 9 de Julio) durch das eigentliche Zentrum von Buenos Aires, aber wir passen uns dahingehend an, dass wir uns eben ausführlich mit der Kaffeehauskultur der Stadt befassen - zeitweise repräsentiert durch einen sehr jugendlichen Kellner, der aber noch ein wenig üben muss. Die Zeit zwischen Kaffee und Kuchen und Abendessen wollen wir eigentlich mit einem Imbiss in der Markthalle von San Telmo überbrücken, aber das wird schwierig, da hier schon alle Stände und Bars zumachen. Gleichzeitig wird der Regen stärker. Aber dann kommt der Lichtblick: Eine Bar mit einem schönen Konzert zweier Sängerinnen nebst Begleitung - wir bleiben, bis wir fast hinausgekehrt werden.

Buenos Aires (Argentinien)

Montag, 4. Dezember

Am Morgen sitzen wir ein wenig in der Wohnung fest, weil wir den Klempner reinlassen müssen - die Reparatur gestaltet sich schwierig, gelingt dann aber im Laufe des Vormittags. Wir genießen die Sonne auf der Plazoleta Dorrego und schauen einem Paar beim Tango Tanzen zu. Dann bewölkt es sich aber zunehmend und wir laufen über die Plaza de Mayo nach Recoleta, um dort den berühmten Friedhof zu besichtigen - sehr interessant mit den reich geschmückten Mausoleen, über denen man aber auch immer wieder die Architektur der Großstadt aufragen sieht. Im Fall des Fotos ist das vermutlich ein Wasserturm. Wir schlendern weiter durch Palermo und vergessen natürlich nicht, immer wieder hübsch Kaffee zu trinken. Gegen Abend schnappe ich mir dann ein Taxi für die lange Fahrt zum Flughafen, um Martin in Empfang zu nehmen. Wie fast immer ist der Taxista sehr redselig, allerdings vielleicht ein wenig enttäuscht, dass ich zu seinen Lieblingsthemen „argentinische Musik“ und „Fußball“ so wenig beizutragen habe. Wir unterhalten uns aber trotzdem gut. Dann Warten am Flughafen, und endlich ist Martin dann wieder bei mir - ich freue mich riesig. Zurück in San Telmo finden wir zu dritt mit einiger Mühe noch eine Bar zum Essen und können unser Wiedersehen feiern.

Buenos Aires (Argentinien)

Sonntag, 3. Dezember

So, erstmal laaange ausschlafen und dann ein opulentes Sektfrühstück im Café nebenan - so gehört sich das im Urlaub! Danach erwandern wir uns Buenos Aires: San Telmo mit der sonntäglichen Feria (Markt), La Boca mit lautstarker Fußballdemos, Bombonera (Fußballstadion) und bunten Wellblechhäusern rund um El Caminito (s. Foto) und schließlich noch das neue Hafenviertel Puerto Madero, das allerdings so kühl und stylisch daherkommt wie so viele andere ähnliche umgestaltete Hafenanlagen in der Welt. Im Laufe des Tages gibt‘s eine kleine Hiobsbotschaft (der Durchlauferhitzer in der Wohnung ist kaputt und die Dusche bleibt kalt) und eine große (Martins Flug aus Berlin kam verspätet in Madrid an und er muss dort übernachten - er kommt daher erst am Montag Abend. Naja, Vorfreude ist die schönste… Ach Quatsch!! Er soll endlich da sein!

Puerto Natales (Chile) - Buenos Aires (Argentinien)

Samstag, 2. Dezember

Und wieder ein besonders früher Einstieg in den Tag - denken wir jedenfalls und sind um zwanzig nach sechs startklar. Der Fahrer, der uns zum Busbahnhof bringen soll, allerdings nicht. Ein Telefonat, dann wird‘s hektisch, denn der Taxifahrer dachte, dass er uns um sieben abholen sollte… da fährt aber der Bus ab! Aber letztendlich klappt alles noch und dann folgt ein langer Reisetag, mit langer Busfahrt, langem Warten und Kaffeetrinken in Calafate, von wo unser Flug nach Buenos Aires geht. Schließlich geht’s zum Flughafen, wo wir einen letzten Blick auf den türkisblauen Lago Argentino erhaschen (s. Foto) und Abend kommen wir dann in der Hauptstadt Argentiniens an, nehmen Quartier in einer spannend verwinkelten Wohnung in einem ebensolchen Haus im hübsch-kreuzbergartigen Viertel San Telmo. Dann noch eine Runde raus, es gibt Wein und Käseplatte in einer netten Bar im Viertel und ein spannendes Gespräch mit dem Tresenmann, der uns über sein Leben in Benin (wo er herkam), in Kuba (wo er studiert hat) und in Argentinien erzählt - und über seine Pläne für die Zukunft, in der er in Benin im Bildungsbereich arbeiten will.

Puerto Natales (Chile)

Freitag, 1. Dezember

Arg früh sollte es losgehen, tatsächlich kam der Bus dann etwas später - da wäre noch Zeit gewesen, die Schlummerfunktion am Wecker dreimal zu betätigen. Die Fahrt in den Nationalpark Torres del Paine dauert lange, wieder geht es durch eine beeindruckende Landschaft, die im Park dann aber noch spektakulärer wird. Und Tiere gibt‘s reichlich. Kämpfende Guanakohengste, aaszupfende Kondore uuuund…. einen am Hang entlangflanierenden Puma!!Ich hätte nicht gedacht, dass wir so ein Tier zu sehen bekommen! Diesmal lohnt es sich wirklich, mit einer geführten Tour unterwegs zu sein, denn alleine und zu Fuß hätten wir all das Getier wohl nicht in so kurzer Zeit gesehen. Und natürlich gibt‘s wieder spektakuläre Seen und Berge. Am frühen Nachmittag wandern wir durch den arg kalten Wind am Strand eines Gletschersees samt Eisberg entlang… zunächst bei Sonnenschein, aber dann werden wir prompt von einem heftigen Hagel-Regen-Schneeschauer erwischt, bei dem die Tropfen fast schon waagerecht fliegen. Auch zum Wieder-Warm-Werden ist dann so ein Tourbus ganz willkommen. Mit dem fahren wir, gemeinsam mit unserer nassen und müden, aber fröhlichen Grupppe noch zu einer riesigen Höhle, in dem die Reste eines ebensolchen urzeitlichen Faultiers gefunden wurden. Und danach geht‘s dann für den Rest des Tages ins Hotel - da gibt‘s eine Heizung. Herrlich!!!

El Calafate (Argentinien) - Puerto Natales (Chile)

Donnerstag, 30. November

Jetzt wird unsere Tour langsam etwas eilig, aber wir haben nicht mehr viele Tage in Patagonien… also geht es heute mit dem Bus hinüber nach Chile, nach Puerto Natales, denn von hier aus wollen wir morgen den Torres-del-Paine-Nationalpark besuchen. Die Fahrt ist recht lang, gibt aber Gelegenheit, die beeindruckend weite und karge patagonische Steppe zu bewundern. Traurig stimmt dabei der Blick auf die verendeten Guanakos, die sich in den Zäunen, die die Straße durchgehend begleiten, verfangen haben - vielleicht stammt von hier die Redensart „hier nicht tot übern Zaun hängen“ zu wollen? Aber apropos Tiere: Wir haben im Vorbeifahren auch Nandus, die großen, straußenartigen Laufvögel Südamerikas gesehen. Und nachdem wir die Grenzformalitäten und den Check-in im Hotel in Puerto Natales, einem Kleinstädtchen von ca. 20000 Einwohner*innen (was für Patagonien natürlich schon eine stattliche Zahl ist) hinter uns haben, gehen wir noch auf Wanderung zum Monte Dorotea, am Rande des Orts. Der Weg ist aber viel weiter als gedacht und verliert sich auch auf dem Gelände einer großen Estancia (so nennt man große argentinische Bauernhöfe). Ein wunderschönes Gelände ist das - wir genießen das Wandern zwischen Bäumen und Sträuchern und über federnde, fast rasenartige Wiesen. Und schließlich stolpere ich noch fast über ein Stinktier! Zum Glück warnt mich Tanja noch rechtzeitig, sonst hätt‘s wohl ein Malheur gegeben… Leider entzieht sich das eigentlich hübsche Tier unseren Kameraobjektiven durch Flucht… wir bekommen nur ein Foto von hinten und von seiner aus seinem Bau hervor ragenden Nasenspitze. Weniger Furcht hat vor uns kurze Zeit später ein großer Hütehund, der uns mit lautem Gebell folgt - da fühlt sich die Wanderung nicht mehr ganz so entspannt an! Einige Zeit später begegnen wir auch dem zum Hund gehörenden Hirten (auf einem Quad unterwegs), der den Hund unter Kontrolle hat und sich freundlich mit uns unterhält, auch wenn er uns darauf hinwaist, dass Gelände Besuchern eigentlich nicht offensteht und sich der Hund anderen gegenüber schon weniger freundlich verhalten hat. Wir wandern also zurück zur Landstraße (für den Aufstieg auf den Berg ist es schon zu spät) und werden zum Glück gleich von einem chilenischen Straßenbauer, der auf dem Weg nach Puerto Natales ist, mitgenommen und vor einem Restaurant abgesetzt.

El Calafate (Argentinien)

Mittwoch, 29. November

Heute steht die große Tour an, für die wir hier in Calafate sind: Wir werden den Perito-Moreno-Gletscher sehen. Dazu werden wir im Hotel abgeholt, mit einem eher großen Bus und einer sehr netten Führerin - insgesamt ist es aber natürlich ein sehr durchorganisierter „Aussteigen-Fotografieren-Einsteigen-Trip. Nicht gerade ein großes Outdoor-Adventure, aber andererseits bekommt man so natürlich viel zu sehen. Wunderschön sind schon auf der Anfahrt die in leuchtendem Rot blühenden Bäume (ich weiß nicht, wie sie heißen). Und jede verschneite Bergkette über türkisfarbenen Seen führt zu vielen Ahs und Ohs bei allen Mitfahrenden, auch bei uns. Schon bald sehen wir in der Ferne den großen Gletscher - und natürlich kann man mit dem Bus ganz nahe heranfahren und über Metalltreppen gemütlich zu den schönsten Aussichtspunkten stiefeln. Irgendein argentinischer Treppenbaubetrieb muss hier ein Vermögen gemacht haben! Eine Bootstour entlang der Gletscherabbruchkante bekommen wir auch noch und es ist wirklich beeindruckend, so nahe an die bis zu siebzig Meter hoch aufragende Eiswand heranzufahren. Während der Rest unserer Gruppe zum Mittagessen geht, erkunden wir noch weitere Wege und erhaschen immer wieder spektakuläre Blicke auf den Gletscher (Ah! und Oh!, siehe Foto) und einem Fuchs begegnen wir auch noch. Dann geht‘s zurück und wir beschließen den Tag mit einem Essen im Hotel.

El Chaltén - El Calafate (Argentinien)

Dienstag, 28. November

Der Tag beginnt brutalstmöglich. Um sieben Uhr klopft es energisch an unsere Zimmertür: Der Transport nach El Calafate warte auf uns, wird uns mitgeteilt. Laut unserem Plan sollte der erst am Mittag gehen! Tanja verhandelt trotz Schlaftrunkenheit hart und schindet für uns eine Viertelstunde zum Aufstehen, Anziehen und Packen heraus. Wir schaffen es gerade so, sitzen dann allerdings unausgeschlafen, ungewaschen und ohne Kaffee leicht paralysiert im Transporter. Nachdem wir unsere Mitreisenden am Flugplatz abgesetzt und selbst in unserem Hotel eingecheckt haben, gibt‘s endlich einen Kaffee. Tanja, trotz allem energiegeladen, beschließt, ins Gletschermuseum zu gehen. Ich selbst will mich eigentlich hinlegen, beiße mich dann aber doch an der Organisation unserer Weiterreise fest, was viel online-Sucherei und schließlich trotzdem einen weiten Fußweg durch das eher unschöne Städtchen El Calafate bedeutet, um die Tickets ganz traditionell direkt am Busbahnhof zu kaufen: Nur dort kann ich sie in Pesos bezahlen, was den Preis auf ein Drittel dessen reduziert, was man online in Dollar zahlen müsste. Am Abend wandern wir durch‘s örtliche Vogelschutzgebiet am Lago Argentino, wo wir tatsächlich einigem sehenswerten Federvieh begegnen, unter anderem den beiden Exemplaren auf dem Foto, von denen ich allerdings nicht sagen kann, worum es sich handelt… Hühner sind‘s nicht. Nach unserer Expedition gehen wir essen und stoßen im Lokal auf: Stef und Steph! So eine Überraschung - und der Beginn eines weiteren lustigen Abends.

El Chaltén (Argentinien)

Montag, 27. November

Heute ist Regen angesagt, weswegen wir mit dem Aufbruch wieder keine Eile haben. Passenderweise machen Stef und Steph den Vorschlag, dass wir mit ihrem Auto ein wenig elegant durch die patagonischen Berge cruisen bzw. über die holprige Schotterpiste rattern - eine sehr willkommene Wanderalternative angesichts der Wetterlage. Wir gelangen so bis zur Laguna Cóndor. Der namensgebende Andenvogel lässt sich an diesem See allerdings nicht blicken - dafür gibt‘s eine Bootsfahrt über den See. Die ist nicht wirklich spektakulär, aber hübsch, und zu viert verbringen wir eine gute Zeit. Auf dem Rückweg nehmen wir noch einen Tramper mit, wieder ein Deutscher, der auch ein halbes Jahr durch Südamerika reist. Darunter macht‘s hier wohl kaum jemand - und ich dachte, mein Projekt sei etwas Besonderes… Nach einer eigentlich überflüssigen Entspannungsphase nach dem entspannenden Ausflug gehen wir mit unseren beiden neuen Freund*innen, nun ganz entspannt, etwas essen. Der Abend wir lang und lustig.

El Chaltén (Argentinien)

Sonntag, 26. November

Heute dürfen wir ausschlafen und gemütlich frühstücken. Danach machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein mit Stef(anie) und Steph(an), den beiden, die wir gestern getroffen haben, auf einen deutlich entspannteren Wanderweg als gestern, aber trotzdem sind Hin- und Rückweg zusammen wieder 20 Kilometer lang… am Morgen habe ich mir jedoch noch rasch Wanderstöcke gekauft - das macht die Sache entspannter und kniefreundlicher. Schließlich gelangen wir Cerro Torre, dem „Turmberg“, der auch wirklich wie ein schlanker Turm aussieht, leider auf dem Foto nicht zu sehen ist, weil er sich in Wolken hüllt. Dafür sieht man aber den dazugehörigen Gletscher nebst Gletschersee (Laguna Torre) mit diversen Mini-Eisbergen. Wir verbringen eine entspannte Pause in der Sonne am See - und Steph stürzt sich sogar todesmutig in die eisigen Fluten! Dafür erntet er natürlich den Applaus der anderen Wandernden. Dann laufen wir zurück durch die ursprüngliche Berglandschaft und in El Chaltén gibt‘s noch ein Bier in der Sonne. Danach sind wir glücklich, aber ziemlich durch, weswegen über den weiteren Tages- und Abendverlauf nicht viel zu berichten ist.

El Chaltén (Argentinien)

Samstag, 25. November

Am Morgen müssen wir wieder relativ früh am Start sein, weil wir um acht einen Transfer zum Ausgangspunkt unserer heutigen Wanderung haben. Und beim Frühstück werden wir von der Sängerin von gestern Abend bedient - zum Singen scheint es aber auch ihr jetzt zu früh zu sein. Dann gibt‘s eine kurze Busfahrt und los geht die Wanderung, zunächst ein Flusstal entlang. Das ist spannend, weil die Natur eben - anders als beispielsweise in den Alpen - völlig unberührt ist und der Fluss sich, wie er will, zwischen Wäldchen und Mooren hindurchwindet. Auf dem Foto sieht man den Piedras-Blancas-Gletscher, wie er sich vom Tal aus darbietet. Dann geht es hinauf, hinauf, hinauf zur Laguna de los Tres, am Fuß des Chaltén - uff! Der Weg ist ordentlich steil und je weiter man nach oben kommt, umso stürmischer wird es, oben haut‘s einen gelegentlich fast um. Der Gipfel des Chaltén ist, wie wohl sehr oft, von Wolken verhangen, aber trotzdem ist‘s hier schon spektakulär hochgebirgig. Tja, dann muss der Weg nach unten wieder bewältigt werden, und dann geht‘s wieder das Tal entlang, dann hinauf zur Laguna Capri, die aber auch nichts mit dem Mittelmeer zu tun hat, woran einen die gelegentlich fallenden Eisregentropfen erinnern. Hier treffen wir ein Pärchen aus Deutschland, sie ist auch Lehrerin und mit ihrem Mann zusammen ebenfalls auf Sabbattour durch Lateinamerika. Wir wandern gemeinsam zurück und essen auch noch zusammen zu Abend - dann geht‘s aber schon bald in die Koje, zehn Stunden Wanderung mit ordentlich Höhenunterschied machen sich in den Beinen bemerkbar.

Ushuaia - El Chaltén (Argentinien)

Freitag, 24. November

Ein langer Reisetag: Morgens um 8:00 werden wir an der Hütte abgeholt und zum Flughafen verfrachtet, dort das übliche Procedere und längeres Warten auf den Flug nach El Calafate. Nach etwas mehr als einer Stunde Flugzeit sind wir nun wieder etwas weiter im Norden - und das Wetter ist eine Ecke wärmer. Nun gilt es wieder eineinhalb Stunden an dem kleinen Flughafen auf den Transfer nach El Chaltén zu warten. Schließlich werden wir, gemeinsam mit einem Pärchen aus London, dort hin und zu unserem Hotel gebracht - noch einmal zwei Stunden im Bus. Aber es reicht noch für eine kleine Wanderung in die Berge an einem wunderbar sonnigen und warmen Frühlingstag - und sogar der Chaltén, bzw. der Fitzroy, wie er auch heißt, zeigt sich ohne Wolken (s. Foto). Den Abend verbringen wir im nicht ganz so hübschen Dorf El Chaltén, verschönert wird das Abendessen in einem Hotel von einer kleinen Gesangsdarbietung einer Dame, die uns noch einmal begegnen soll…

Ushuaia (Argentinien)

Donnerstag, 23. November

Nachdem ich um halb acht den täglichen Frühstückskorb an der Tür in Empfang genommen hatte, bin ich wohl noch einmal eingeschlafen… jetzt ist es zehn. Und es muss ja noch ausgiebig gefrühstückt werden - das wird ein später Start in den Tag! Schließlich machen wir uns dann aber doch an den Abstieg in die Stadt - wir müssen ja auch noch Geld tauschen. Das ist angesichts der Inflation ein spannendes Unternehmen, wir hören uns auf der Straße um und geraten schließlich an eine resolute, pensionierte Mathelehrerin, die uns zu den verschiedenen Wechselbüros lotst - na, wenn wir mit einer Mathematikerin nicht den besten Kurs bekommen, mit wem dann?! Mit frischen Peso-Stapeln in diversen Taschen suchen wir nun ein Taxi in den Nationalpark, um noch ein wenig zu wandern. Wir werden von Fernando chauffiert, der uns nebenbei auch noch seine spannende Lebensgeschichte erzählt, vom Falklandkrieg, an dem er als Achtzehnjähriger teilgenommen hat, über seine anschließende Odyssee durch Argentinien - bis zu seinem Lebensglück, das er hier in Ushuaia gefunden hat. Die Fahrt dauert allerdings nicht lange genug, um alles zu erzählen. Wir verabreden uns für den Abend, an dem er uns wieder abholen soll und wandern an der Küste entlang. Es ist wirklich herrlich hier - und obendrein kommt die Sonne raus (s. Foto). Hier könnte ich wirklich noch so einige Tage verbringen. Am Ende des Weges werden wir, wie verabredet, von Fernando abgeholt und zurück nach Ushuaia gebracht. Auf dem Rückweg dreht sich das Gespräch eher um die aktuelle politische Lage, die ja zur Zeit einigermaßen unübersichtlich ist und reichlich Gesprächsstoff hergibt. Danach Abendessen in einem Lokal an der Uferstraße und noch ein langer Spaziergang zurück zu unserer Hütte. Und dann ist‘s auch schon Zeit zum Packen, denn morgen geht‘s schon weiter!

Ushuaia (Argentinien)

Mittwoch, 22. November

So, heute geht es noch früher los: Um halb sechs klingelt der Wecker, um sechs ist unser Taxi da und um halb sieben steigen wir in den Bus, um uns auf den Weg zu den Pinguinen auf der Isla del Martillo zu machen. Die gehört zur Estancia Humberton, einer riesigen Ranch, und dort hin gelangen wir im Rahmen einer organisierten Tour - anders geht das auch gar nicht. Die Fahrt dauert fast zwei Stunden und dann geht es noch im Motorboot zur Insel. Dort pfeift ein eiskalter Wind, der es schwer macht, zu verstehen, warum sich die Pinguine ausgerechnet diesen Platz zum Nisten ausgesucht haben. Aber es ist toll, diese Tiere einmal in freier Wildbahn sehen zu können. Danach besuchen wir noch ein kleines Museum, in dem Tiergerippe ausgestellt werden, vor allem von Walen, Robben und Delphinen und haben dabei Gelegenheit, den Mitarbeitenden beim Knochenabschaben zuzuschauen - nichts für empfindliche Nasen! Zurück in Ushuaia wandern wir hinauf zu unserem Feriehnhäuschen - als wir da sind, müssen wir aber gleich auch schon wieder los, denn um fünf haben wir noch eine Tour, diesmal eine Fahrt mit einem Katamaran über den Beagle-Kanal um Kormorane und Seelöwen zu sehen. Das gelingt auch, und das Beste: Ich werde dabei gar nicht seekrank wie sonst bei solchen Gelegenheiten. Der unverstimmte Magen muss dafür natürlich wieder mit einem ausgiebigen Abendessen belohnt werden!

Ushuaia (Argentinien)

Dienstag, 21. November

Es ist zwar früh los, aber da hier die Tage schon so lange und die Nächte so kurz sind, haben wir wenigstens nicht das Gefühl, mitten in der Nacht starten zu müssen. Früh ist es trotzdem, aber da es sich um eine klassische Touristentour handelt, müssen wir ja nicht viel mehr tun, als aus dem Busfenster zu schauen, an den festgesetzten Haltepunkten auszusteigen und unsere Kameras zu zücken. Das ist sehr praktisch, hat aber nur wenig von wildem Abenteuer und selbstständigem Entdecken… obwohl die Landschaft des Nationalparks Tierra del Fuego auf jeden Fall Lust darauf macht, mit ihren Buchten, Lagunen, Wäldern, wildlebenden Pferden und zahlreichem sonstigen Getier. Vielleicht kommen wir ja übermorgen noch einmal ohne Touri-Bus hin. Am Mittag sind wir wieder zurück in der Stadt, essen etwas überteuert zu Mittag und stapfen dann hinauf zu unserem Häuschen - und von dort aus weiter zum Martial-Gletscher, der ja auch unserer Unterkunft den Namen gibt. Der Weg ist einfach: immer aufwärts, da kann man nicht viel falsch machen. Er führt wunderschön an einem Bergbach entlang, später allerdings auch gelegentlich über eine stillgelegte Skipiste, was nicht ganz so hübsch ist. Schließlich kommen wir oben im Schnee an - das ist für mich, nach Tropen und Wüste, schon ziemlich spektakulär. Und noch spektakulärer wird es, wenn man von hier oben über den Beagle-Kanal schaut und sich klarmacht, dass es von hier aus nur noch 2000 Kilometer bis zum Südpol sind. Schließlich stapfen wir wieder Richtung Tal - dort unten blühen Löwenzahn, Gänseblümchen und Vergissmeinnicht, es ist ja schließlich Frühling hier. Ganz steigen wir aber nicht hinab, denn kurz oberhalb unserer Hütte liegt ja das leckere Restaurant von vorgestern… und von dem guten Wein ist auch noch was da!

Ushuaia (Argentinien)

Montag, 21. November

Am Morgen bringt unser Vermieter einen Frühstückkorb vorbei, so dass wir frühstücken und die herrliche Aussicht genießen können, allerdings hängen die Wolken heute noch ein wenig tiefer als gestern… Wir suchen und finden den Weg hinunter nach Ushuaia, in die südlichste Stadt der Welt. Wahnsinnig sehenswert ist sie allerdings nicht, aber das war uns schon vorher bekannt. Wir haben ein paar Dinge zu organiseren, essen etwas zu Mittag, kaufen für das Abendessen ein und machen uns dann wieder auf den Weg den Hang hinauf, biegen hier und da mal ab und wandern durch den Südbuchenwald, der sich die Berge hinaufzieht. Die Wegmarkierung ist allerdings manchmal interpretationsfähig, weswegen wir, an unserer Hütte vorbei, weiter den Hang hinaufwandern - aber egal, wir haben ja Zeit, es ist lange hell und der Weg lohnt sich, trotz einsetzendem Regen. Am Ende finden wir auch den richtigen Pfad und gelangen nach Hause, wo wir uns ein paar Teller Nudeln zubereiten und reinpfeifen - zugegebenermaßen nicht das gleiche kulinarische Niveau wie am Vorabend, aber auch lecker. Schlafen gehen wir zeitig, denn am kommenden Morgen müssen wir für unsere erste „Tour“, wieder lateinamerikanisch-typisch früh am Start sein.

Buenos Aires - Ushuaia (Argentinien)

Sonntag, 19. November

Am Vormittag kommt Tanja an. Was für eine Freude! Wir lassen unser Gepäck im Hotel zurück und nutzen die Stunden bis zum Abflug nach Feuerland für eine kleine Runde über die Plaza de Mayo und nach San Telmo. Lustig, mal wieder zu zweit unterwegs zu sein, Kaffee zu trinken, Tapas zu konsumieren (spanischer Stand in der Markthalle) und zu quatschen. Um eins müssen wir uns allerdings auf den Weg zum Hotel und zum Flughafen machen. Die Schlange am Check-In ist amtlich - erstaunlich, wer alles nach Feuerland und Patagonien fliegen will. Der Flug verläuft planmäßig, die Aussicht nach unten wird allerdings, je weiter wir nach Süden kommen, zunehmend von Wolken verdeckt… und in Ushuaia schneit es leicht! Umso besser, dass wir am Flughafen erwartet und zu unserer Unterkunft oberhalb der Stadt gebracht werden - hat schon auch was, so eine vorab organisierte Reise! Und unser Ferienhäuschen ist genial, vor allem die Aussicht über den Wald, den Beagle-Kanal und auf schneebedeckte Berge (s. Foto). Obendrein gibt‘s noch ein herrliches Abendessen und vorzüglichen Wein im Restaurant gleich nebenan. So lässt es sich auch im tiefen Süden, bei vier Grad, hervorragend leben! Natürlich bekommen wir trotz Ferienidylle auch die Wahlergebnisse mit… mal sehen, wie sich das alles weiter entwickelt!

Buenos Aires (Argentinien)

Samstag, 18. November

Der Vormittag geht leider vor allem für Orga drauf, denn mit unseren Tickets für den morgigen Flug nach Ushuaia scheint etwas nicht zu stimmen, was eine Menge an Telefonaten und Sich-mit-blöden-Webseiten-Herumschlagen nach sich zieht. Am Ende war aber alles nicht so wild, sollte wohl funktionieren und meine Freundin Tanja kann in Deutschland entspannt ins Flugzeug steigen: Morgen früh wollen wir uns hier in Buenos Aires treffen und gemeinsam nach Feuerland und Patagonien reisen. Nach zwei Wochen wollen wir dann zurück in Buenos Aires sein, dort wird dann hoffentlich auch mein Mann Martin eintreffen, so dass es dann zu dritt weitergeht. Ein ganz neues Reisen wird das - ich freu mich drauf! Von mittags bis abends ziehe ich dann durch die Stadt, insbesondere San Telmo ist ein schönes Viertel, in dem es wohl noch eine Menge zu entdecken gibt. Ein wenig „kreuzbergisch“ kommt‘s mir vor, samt gewissen Gentrifizierungs- und Touristisierungstendenzen, wie sie zum Beispiel an der hiesigen Markthalle zu beobachten sind (s. Foto) - der Martkhalle IX in Kreuzberg nicht ganz unähnlich… Mit dem Subte, wie die U-Bahn hier heißt (wurde schon 1915 in Betrieb genommen und war die erste U-Bahn auf der Südhalbkugel), fahre ich dann weiter nach Palermo, was nicht nur eine Stadt in Sizilien sondern auch ein Stadtviertel in Buenos Aires ist (nicht nur daran erkennt man die Spuren italienischer Einwanderung). Naja, wenn San Telmo das Kreuzberg von Buenos Aires ist, dann ist Palermo wohl der Prenzlauer Berg - alles etwas schicker hier.   Mein Abendessen findet hier statt: die Qualität der Pasta ist mittelmäßig (Was man im italienischen Palermo wohl dazu sagen würde?), der Service lausig… aber hey, das soll‘s im Prenzlauer Berg auch gelegentlich geben. Man muss sich halt auskennen - aber ich komme ja wieder!

Santiago (Chile) - Buenos Aires (Argentinien)

Freitag, 17. November

Um 08:15 bin ich mit dem Packen fertig und will noch schnell in mein nettes „Stammcafé“, um ein leckeres Frühstück zu bekommen - aber das wird nix, die Damen brauchen heute noch länger als sonst, mindestens bis um viertel vor neun, bis sie startklar sind… ist es jetzt pedantisch-deutsch, darauf hinzuweisen, dass an der Tür steht, dass man um 8:00 Uhr öffnet? Naja, dann eben Frühstück im Hotel, dann Taxi zum Flughafen, ich bin mal wieder reichlich früh da und darf dementsprechend lange warten. Ich hatte ja auf einen tollen Ausblick auf die Andengipfel gehofft, aber die liegen leider unter Wolken. Auch bei der Ankunft in Buenos Aires ist der Himmel bedeckt, aber es ist deutlich wärmer als in Santiago. Ich tausche eine kleine Summe Geld am Flughafen und der Angestellte erzählt mir ausführlich, dass er in nächster Zeit nach Portugal auswandern wird, weil er in Argentinien keine Perspektive mehr sieht. Die Situation scheint wirklich schwierig und die Stimmung nicht gut zu sein. Mit dem Bus geht‘s ins Zentrum und dann zu Fuß zum Hotel. Hier stellt sich wieder die Bezahlungsfrage - in bar oder per Karte, in Pesos oder Dollar? Ich ziehe los und tausche meine Euros in Pesos und zahle damit, auch hier steht man vor der Frage, ob man seine Barschaft in ein offizielles Wechselbüro  trägt (schlechter Kurs) oder sich von den zahlreichen Ausrufer*innen in eine fragwürdige „cueva“ (Wechsel-„Höhle“, besserer Kurs) lotsen lässt… man sagt mir, dass ich nicht zu viel umtauschen soll, denn mit der Wahl am Sonntag könnte es zu einem weiteren Inflationsschub kommen. Die Krise hat das Land im Griif, der Stadt sieht man sie, jedenfalls hier im Zentrum, gar nicht an - oder ich habe noch nicht den richtigen Blick dafür, bin erst einmal beeindruckt von den riesigen, alten Gebäuden, teils mit opulenten historistischen und auch Art-Deco-Fassaden. Ich bin sehr gespannt darauf, mehr von der Stadt zu entdecken! Im Moment beginnt es aber amtlich zu regnen, daher flüchte ich mich in ein Restaurant. Zum Abendessen gibt‘s - wie sollte es anders sein - eine Parillada (Grillplatte), an deren vollständiger Vertilgung ich allerdings scheitere. Das Foto stammt erst vom folgenden Tag, es zeigt die Casa Rosada, den Präsident*innenpalast an der Plaza de Mayo - und davor ein Camp einer Eingeborenenorganistation, die hier schon seit zwei Jahren demonstriert.

Santiago (Chile)

Donnerstag, 16. November

Ein gemütlicher Tag in Santiago mit ausführlichem Besuch im Frühstückscafé - heute komme ich zu einer für die Damen angemessenen Zeit! Danach Besuche in zwei Filialen des Museums für zeitgenössische Kunst und Spaziergang durch das angesagte Lastarria-Viertel mit viel Kontrast zwischen Alt und Neu (s. Foto). Als ich noch das Museo de Bellas Artes, also das für die ganze Kunstgeschichte zuständige, besuchen möchte, kommt mir allerdings ein Problem mit der Hotelbuchung in Buenos Aires dazwischen, sodass ich zunächst einmal mit Mailen und Telefonieren beschäftigt bin - und dann ist‘s zu spät für den Museumsbesuch. Nun ja, dann noch ein Getränk auf der Plaza de Armas, und am Abend treffe ich mich mit Felipe, der hier in Santiago wohnt und den ich in San Pedro de Atacama kennengelernt habe, zum Abendessen - mit langen Gesprächen, über das Leben im Allgemeinen, im Persönlichen und in Chile im Speziellen. Ein schöner und aufschlussreicher Abend, allerdings ist‘s hier gerade überall lausig kalt - nur zwölf Grad und ich erfriere fast! Wie soll das nur in Feuerland werden? Ich bin wohl nichts mehr gewohnt.

Valparaíso u. Viña del Mar (Chile)

Mittwoch, 15. November

Ich stehe recht früh auf, um zeitig nach Valparaíso an der Küste zu fahren - das soll, zusammen mit Viña del Mar, heute mein Tagesausflug werden. Ein wenig ausgebremst werde ich von den jungen Damen in meinem Frühstückscafé, die leider verspätet am Start sind. Dann Metro und Bus zur Küste, das dauert ungefähr zwei Stunden. Die Stadt trägt ja das Paradies im Namen, allerdings erwartet mich bei der Ankunft - nun gut, nicht die Hölle - aber irgendwas, was vielleicht schon in Richtung Fegefeuer geht: Lärm, tosender Verkehr, Dieselgestank, halb verfallene Gebäude, die gesamte Küstenfront von Hafenanlagen abgeschnitten… gar nicht schön! Ich ziehe, leicht befremdet, an der Hauptstraße entlang in Richtung Zentrum, auch da ist‘s kaum anders, aber dann nehme ich einen der zahlreichen Aufzüge in die über der Bucht liegenden Viertel - und da sieht‘s dann ganz anders aus: zwar auch leicht verfallen, aber idyllisch: bunte Holzhäuser, enge Gassen, nette Cafés… klar, hier sind auch die Touristen unterwegs. Ich genehmige mir einen Kaffee mit Blick auf‘s Meer und wandere dann, unter anderem auf dem „Paseo Pastor Schmidt“ (führt an der lutherischen Kirche vorbei) durch‘s Viertel, dann wieder hinunter, hinein ins „real life“ der Hafengegend. Hier gibt‘s echt Seemannsspelunken, wie man sie sich im Abenteuerfilm vorstellt: Dunkel, vom jahrelangen Rauch und Ruß geschwärzt, allerdings um diese Zeit völlig leer. Noch einmal steige ich hinauf in ein anderes, nicht ganz so touristische hergerichtetes Viertel (s. Foto) und dann nehme ich den Bus nach Viña del Mar. Nun ja, das ist eine recht hübsche, aber nicht besonders interessante Strandstadt, aber gut für einen Moment Entspannung am Meer, bevor es zurück nach Santiago geht.

Santiago (Chile)

Dienstag, 14. November

Ich stehe etwas später auf und frühstücke im selben Café wie gestern - auf langen Reisen ist man ja gerne irgendwo Stammgast! Danach bin ich eine Weile im Hotel, um an meinem Blog zu basteln, was ja auch immer eine Weile dauert, gerade wenn, wie heute, die Einträge für vier Tage nachzuholen sind. Schließlich breche ich auf, zum MAC. Das ist keine Burgerkette sondern das Museo de Arte Contemporaneo, das Museum für Gegenwartskunst. Allerdings dreht sich da gerade alles weniger um die Gegenwart als um die Pinochet-Diktatur, denn es ist ja gerade der 50. Jahrestag des Militärputsches. Ich sehe also auch viele Arbeiten aus den Siebziger- und Achtzigerjahren, was aber auch sehr interessant ist. Danach komplettiere ich das Programm mit einem Besuch im Museo de la Memoria y los Derechos Humanos (Museum für die Erinnerung und die Menschenrechte, s. Foto). Hier komme ich allerdings nur wenig dazu, die Ausstellung in Ruhe zu betrachten, da gerade busladungsweise Schüler*innen durch das Museum geschleust werden - alle, wie ja auch so oft in Deutschland, ausgestattet mit Arbeitsbögen. Und irgendwie scheint mir ja doch der Lehrerstempel auf der Stirn zu prangen, ich werde jedenfalls gleich gefragt, was man denn da wo eintragen soll, und wo im Museum die Lösungen zu den Fragen zu finden seien… da verweise ich aber gerne mal freundlich auf meine dienstliche Freistellung! Und so müssen die 15/16-Jährigen weiter alleine suchen… wie sehr sie das alles hier wohl noch betrifft bzw. betroffen macht? Wie nahe gehen ihnen die Schwarz-Weiß-Fotos und die verschwommenen Fernsehaufzeichnungen? Es ist eben doch schon ein halbes Jahrhundert vergangen, ich selbst war beim Putsch ja noch noch nicht einmal drei Jahre alt. An den Abtritt Pinochets nach dem Referendum 1988 erinnere ich mich aber wohl… Gedanken für einen langen Spaziergang, den ich dann noch quer durch das Stadtzentrum unternehme, einschließlich Panorama-Blick vom Cerro de Santa Lucía. Dann noch zu Fuß zum Hotel. Auf Anraten meiner chilenischen Bekanntschaften bin ich ja in einem eher schicken Viertel weiter im Osten untergekommen. Zu Abend gibt‘s dann eine Pizza auf der ebenfalls schicken Ausgehmeile dort… allerdings ist an der Pizza nur der Preis schick.

Santiago (Chile)

Montag, 13.01.

Die Fahrt verläuft tatsächlich ruhig und ich komme durchaus auch zum Schlafen, so richtig erholsam ist das aber trotzdem nicht, so dass ich, nachdem ich in meinem Hotel angekommen bin und in einem netten Café um die Ecke gefrühstückt habe, mich zunächst noch einmal eine Runde aufs Ohr haue. Danach nehme ich die U-Bahn ins Zentrum und bin dort zunächst einmal mit Shopping beschäftigt: So einiges von meiner Ausrüstung zerfällt mittlerweile - heute beginnt der dritte Monat meiner Reise! Ich brauche also neue Turnschuhe, neue Socken und eine neue Mütze. Es scheint hier aber nur Basecaps zu geben. Schließlich sehe ich einen Herrn mit Schiebermütze und frage ihn, woher er sie hat. Er dirigiert mich tatsächlich zu einem winzigen Lädchen, wo ich eine neue Mütze erstehe und nebenbei von der netten Verkäuferin noch einen gefühlt einstündigen, aber durchaus interessanten Vortrag zur Geschichte Chiles und zur Situation der Indigenen erhalte. Danach schlendere ich noch ein wenig durchs Zentrum, über die Plaza de Armas, mit ihren allgegenwärtigen Straßenverkäufer*innen, lautstarken Predigern und konzentriert Schach spielenden älteren Herren (s. Foto) zum Präsidentenpalast La Moneda, vor dem Salvador Allende, der hier den Militärputsch 1973 nicht überlebte, als Bronzeplastik steht. Zwischenzeitlich hat mich auch ein Pärchen aus Santiago, das ich in Arequipa kennengelernt hatte, kontaktiert und zum Abendessen eingeladen. Wie nett! Sie holen mich im Hotel ab und wir fahren zu einem riesigen, über und über mit Seefahrts- und Meeresobjekten dekorierten Lokal. Echt spektakulär und etwas schräg! Das Essen ist lecker und ich freue mich, die beiden wieder getroffen zu haben - und dass sie sich, trotz Arbeit, an einem Montagabend Zeit für mich nehmen.

Caldera - Santiago (Chile)

Sonntag, 12.11.

Den Tag verbringe ich ruhig im kleinen Ort Caldera, wo ich sogar ein nettes Café finde, in dem guter Kuchen angeboten wird. Man merkt hier in Chile doch gelegentlich den starken Einfluss der Einwanderung aus Deutschland: „el kuchen“ ist hier allen ein Begriff. Ansonsten schlendere ich durch den Ort - was schnell geschafft ist - und durch die alte Bahnhofshalle am Hafen: Hier endete tatsächlich einmal die erste Bahnlinie Chiles, die ca. 1850 eröffnet wurde. Die Verbindungen zu den Häfen wurden vor allem benötigt, um den Salpeter, der hier überall abgebaut wurde, zu exportieren. Die reichen Bodenschätze der Atacama-Wüste waren wohl auch ein wesentlicher Anlass für den Salpeterkrieg (1879-1884) zwischen Chile auf der einen und Peru und Bolivien auf der anderen Seite. Im Zuge dieses Krieges dehnte sich Chile nach Norden aus, schnitt Bolivien den Zugang zum Meer ab und vereinnahmte Gebiete im Süden Perus. Allerdings fanden „die Deutschen“, wie mir immer wieder berichtet wurde, kurz danach einen Weg, Salpeter kostengünstig synthetisch herzustellen - und aus war‘s mit dem Reichtum der Region. Heute noch gibt es überall stillgelegte Minen und Geisterstädte. Allerdings wird die Region heute durch ihren Reichtum an Lithium wirtschaftlich wieder interessant. Zurück zur alten Bahnhofshalle in Caldera: Sie dient heute auch als lokales Museum und zeigt, neben Eisenbahn-Erinnerungen und Porträts lokaler Persönlichkeiten auch zahlreiche Fossilien diverser, teils riesiger Urtiere (s. Foto), die in der Umgebung gefunden wurden. Am Abend nehme ich dann den Nachtbus nach Santiago.

Caldera (Chile)

Samstag, 11.11.

Tja, aber so richtig ausgeschlafen bin ich nicht, als der Bus morgens um kurz nach halb sechs in Caldera ankommt. In diesem kleinen Nest - ca. 17000 Einwohner (für Expert*innen: ungefähr so groß wie Michelstadt) - ist logischerweise noch gar nichts geöffnet, auch nicht mein Hotel, zu dem ich frierend marschiere… und so warte ich auf einer Bank das Morgengrauen ab, unterbrochen nur von einem Gang zur örtlichen Feuerwehr, bei der schon Licht brennt, um dort die Toilette benutzen zu können. Irgendwann erwacht dann auch der Ort zum Leben, mein Hotel öffnet und ich bekomme auch gleich ein Frühstück und darf mein Zimmer sofort beziehen - erstmal eine Runde weiterschlafen. Am Mittag drehe ich dann eine Runde durch den Ort und wandere dann - soweit das geht - die Küste entlang, bis zur Bahía Inglesa, die für ihren weißen Strand bekannt ist. Ansonsten gibt‘s hier aber eigentlich nur verlassen daliegende Apartment-Anlagen und ein paar Strandlokale, wo ich meinen Mut zusammennehme, meinem Magen gut zurede und mir mal wieder ein Fisch- und Meeresfrüchtegericht genehmige. Der Strand ist wirklich schön, das Meer glitzert und ich wandere ausgiebig - allerdings frierend, denn Wind und Temperaturen würden genauso gut zu Nordfriesland passen. Darauf war ich nicht eingestellt! Auch nicht auf die Rückkehr, weitere sechs Kilometer durch die Wüste, immer an der Landstraße entlang. Am Straßenrand hat sich jemand die Mühe gemacht, eine Skulptur aus den dort verstreuten Metallresten zu basteln (s. Foto). Müde komme ich wieder in Caldera an, im Kulturbahnhof gibt‘s noch eine Zaubervorstellung - naja, ich bin nicht wirklich beeindruckt, aber immerhin findet was statt- und dann geht‘s ins Bett, begleitet vom fröhlichen Lärm des heute stattfindenden Feuerwehrfests - womit auch wieder der Bogen zum Morgen geschlagen wäre.

San Pedro de Atacama - Caldera (Chile)

Freitag, 10.11.

Wow! In der Nacht und am Morgen regnet es - und zwar kräftig. Laut Auskunft von Ortsansässigen zum ersten Mal seit Februar! Nach dem Frühstück lässt der Regen zwar langsam nach - aber die Straßen, die oftmals nicht befestigt sind, haben sich natürlich in Teilen zu Matschpisten verwandelt… und ich muss mit dem Fahrrad zum Busbahnhof, weil der Online-Kauf des Tickets nicht funktioniert. Teilweise schiebend, teilweise radelnd, immer den Pfützen ausweichend (keine Schutzbleche) komme ich schließlich an, bekomme mein Ticket und streife dann noch eine Weile durch das Dorf (auf dem Foto die alte Dorfkirche) und esse zu Mittag. Bald geht aber auch mein Bus nach Calama, wo ich umsteigen muss. Hier habe ich gut zwei Stunden Wartezeit und schließlich fährt der Nachtbus nach Caldera, eine kleine Küstenstadt, ungefähr auf halbem Weg nach Santiago, wo ich noch einen Zwischenstopp am Strand einlegen will. Zum Glück gibt es diesmal keine nächtlichen Sicherheitskontrollen, so dass ich durchaus auch zum Schlafen komme: In der „Luxusklasse“ gibt‘s nur drei Sitze pro Reihe, die man fast bis in Schlafposition kippen kann.

San Pedro de Atacama (Chile)

Donnerstag, 09. November

Nachdem die Tour gestern doch recht anstrengend war, sollte der Tag heute doch etwas ruhiger ausfallen - außerdem gibt‘s jede Menge zu organisieren, da mir am Morgen immer noch nicht ganz klar ist, wie die weitere Reise genau verlaufen soll. Nur der Flug von Santiago nach Buenos Aires ist schon gebucht. Ich verbringe also viel Zeit mit Reiseführern, auf diversen Buchungsportalen und gelegentlich in der Hängematte. Am Nachmittag mache ich dann aber doch noch eine kleine Tour zu einer Festung, die die von den Inkas beherrschten Likan Antai, die Einwohner der Atacama-Region, vor im 12. Jahrhundert errichtet haben. Natürlich geht‘s auch noch hoch auf einen Aussichtspunkt - von hier aus kann man das mit Tour-Vans gesprenkelte Valle de la Muerte sehen (Das „Tal des Todes“, heißt eigentlich Valle de Marte, also Mars-Tal, ich vermute auch hier hinter der Umbenennung eine PR-Maßnahme - aber vielleicht liege ich auch falsch). Die vielen Busse sind hier, weil jede*r ein Wüsten-Selfie mit Sonnenuntergang aufnehmen will… Von mir gibt‘s kein Selfie, ich radele zurück und treffe mich am Abend noch mit einem Chilenen, den ich beim Radeln kennen gelernt habe.  Es gibt eine gute Flasche Wein und ebensolche Gespräche über das Leben im Allgemeinen und in Chile im Speziellen.

San Pedro de Atacama (Chile)

Mittwoch, 08. November

Heute steht eine größere Radtour auf dem Programm, ich fahre in das „Valle de la Luna“, das „Mondtal“, welches als das das „Must-see“ hier in der Atacama gilt. Eigentlich ist die Tour nicht allzu lange, insgesamt wohl so vierzig Kilometer - aber auf dieser Höhe und mit der intensiven Sonneneinstrahlung ist es halt doch was anderes als in Berlin zu radeln. Immerhin habe ich Sonnencreme mit Schutzfaktor 80 und reichlich Wasser dabei. Tatsächlich gibt es hier viel zu sehen: bizarre Felsformationen, Sanddünen und das Ganze oftmals von weißen Salzablagerungen überzogen. Ich hätte ja erwartet, dass man sich hier gegenseitig auf die Füße tritt, aber ich bin oftmals ganz alleine in dieser wirklich spektakulären, mondartigen Landschaft - das ist schon ein Erlebnis! Am Abend bin ich dann aber auch amtlich müde, schaffe es aber noch zum Supermarkt, um mir typischen Reisemampf zu kochen: Pasta mit Thunfisch-Tomatensoße. Am Abend unterhalte ich mich noch lange mit dem chilenischen Pärchen, das mich am Vortag mit auf seine Touren nehmen wollte.

San Pedro de Atacama (Chile)

Dienstag, 07. November

Puh! Die Höhensonne brennt und heiß ist‘s… nun gut, das war ja auch nicht anders zu erwarten. Für meinen Organismus ist das allerdings durchaus eine Herausforderung und deswegen lasse ich es langsam angehen. Sehr schön ist, dass man hier im Hostal Fahrräder ausleihen kann, und so schwinge ich mich auf‘s Rad und fahre das trockene Flusstal entlang zur „Garganta del Diablo“ („Teufelsgurgel“), die eigentlich „Quebrada de Chulacao“ („Schlucht von Chulacao“) heißt, aber ich denke, das Teuflische hilft hier beim Marketing… Es macht aber auf jeden Fall Spaß, zwischen den Felswänden hindurchzuradeln. Unterwegs treffe ich Felipe, einen Chilenen aus Santiago, und Mariana, eine Brasilianerin, mit der ich mein restliches Wasser teile. Später treffen wir noch auf zwei Bekannte von ihr, beide auch Brasilianer, aber einer wohnt tatsächlich in… Moabit! Wie gesagt, die Tour dauert nicht allzu lange. Als ich zurückkomme, erwartet mich ein chilenisches Pärchen im Hostal, um mich einzuladen, mit ihnen auf einen Aussichtspunkt zu fahren, und den Sonnenuntergang zu bewundern. Sehr, sehr nett - aber ich bin zu hungrig und gehe doch lieber zum Abendessen ins Dorf. Es besteht durchgehend aus einstöckigen Adobe(Lehmziegel)-Häusern, ist natürlich durch und durch auf Tourismus ausgerichtet, aber durchaus ganz nett.

Iquique - San Pedro de Atacama (Chile)

Montag, 6. November

Heute geht‘s weiter in die Atacama-Wüste. Um halb elf fährt der Bus mit mir an Bord nach Calama ab, kurvt über die Serpentinen zur Hochebene hinauf und dann geht‘s stundenlang durch die mehr oder weniger flache Wüste, unterbrochen nur von seltenen Stopps in einsamen Dörfern und dem obligatorischen Sicherheitscheck mit Gepäckdurchleuchtung, der uns irgendwann an einem Kontrollpunkt in-the-middle-of-nowhere erwartet. Das Foto stammt übrigens nicht von heute, sondern von der Anfahrt auf Iquique vor drei Tagen, aber solche prähistorischen Petroglyphen (Steinzeichnungen) gibt es laut den Hinweisschildern wohl auch auf der heutigen Strecke an mehreren Stellen, sie sind aber vom Bus aus nicht sichtbar. Um vier sind wir dann in Calama, einer etwas größeren Stadt, die ihre Existenz vor allem der nahe gelegenen, riesigen Tagebaumine von Chuquicamata verdankt. Eine nette chilenische Familie chauffiert mich zum nächsten Busterminal, von wo aus um halb sechs der nächste Bus nach San Pedro de Atacama fahren wird. Mich drängt es, die gebührenpflichtigen Sanitäreinrichtungen aufzusuchen - lustig finde ich dabei, dass man dort zwischen den Optionen „con comfort“ (mit Klopapier) oder „sin comfort“ (ohne) zu wählen hat. Dann noch ein Streifzug durch die Stadt, und schließlich bringt mich der Bus nach San Pedro de Atacama. Ich hätte ja gedacht, dass dieser von Touristen überquillt, aber dem ist nicht so. Trotzdem wird mir bei der Ankunft das einzige Taxi vor der Nase weggeschnappt, so dass, angesichts des Bodenbelags, erstmals die Rucksackfunktion meines Rollkoffers zum Einsatz kommt. Nach einer Viertelstunde treffe ich aber doch noch auf ein Taxi, das mich zu meiner Unterkunft am Ortsrand bringt. Den Abend über unterhalte ich mich dort auf der Terrasse mit einem brasilianischen Pärchen, das Argentinien und Chile mit dem Motorrad bereist.

Iquique (Chile)

Sonntag, 5. November

Iquique… ja nun… es war ja nur als Zwischenstopp geplant, weil die Fahrt von Arequipa direkt in die Atacama-Wüste zu lange gewesen wäre. Und zu viel mehr taugt es wohl auch nicht, jedenfalls für mich. Die spektakuläre Lage der Stadt habe ich ja schon beschrieben, und eigentlich hätte ich auch gerne noch einen Ausflug zu den verlassenen Salpeterminen und dazugehörigen Arbeitersiedlungen zu unternehmen, was aber gesundheitsbedingt nicht geklappt hat. Dafür bin ich ausgiebig die Strände hinauf- und hinunter gewandert, ins Wasser hinein konnte man heute nicht, überall rote Fahnen, wohl wegen der starken Strömung des Pazifik. Trotzdem haben zahlreiche Chilenen ebenfalls einen Tag am Strand genossen, es war durchaus voll. Eine andere Option als aufs Meer zu blicken bietet die Stadt allerdings auch nicht, wenn man etwas Weite sucht, da sie ansonsten zwischen Bergen und Küste eingeklemmt und eng sowie weitgehend gesichtslos bebaut ist. Eine hübsche Straße im Zentrum gibt es, deren Häuser mit hölzernen Veranden ein wenig New-Orleans-Feeling verbreiten (s. Foto). Auf dem Foto ist aber natürlich nichts von der Billigelektro-Stampfmusik zu vernehmen, die hier den abendlichen Spaziergang untermalt. (Übrigens scheint es in chilenischen Städten fast schwierig, ein Foto aufzunehmen, auf dem keine Nationalflagge zu sehen ist.) Naja, insgesamt hat‘s nicht wehgetan, hier in Iquique zu sein, ich bedaure es aber auch nicht allzusehr, morgen weiterzufahren!

Iquique (Chile)

Samstag, 4. November

Die Nacht habe ich in einem Hostel verbracht, das ich von Arequipa aus gebucht hatte. Leider ist es echt versifft, das WLAN taugt nichts und die Mädels an der Rezeption reißen sich auch kein Bein für die Kundschaft aus. Obendrein hat das lausige Essen gestern Abend meinen Verdauungsapparat in unvorteilhafter Weise beeinflusst. Beim Frühstück bitte ich darum, ob man den vorgesehenen Obstsaft nicht durch eine Cola ersetzen könnte (soll ja helfen), aber dieses Ansinnen wird abgelehnt: „Das geht nicht, das haben wir ja noch nie gemacht!“. Ich beschließe, auszuchecken und mir eine andere Unterkunft zu suchen und ziehe in ein Hotel ein paar Blocks weiter. Den Rest des Tages verbringe ich im Wesentlichen im Bett, um Schlafdefizit und Magengrummeln entgegenzuwirken. Langsam fühle ich mich besser. Das Foto stammt noch vom Vortag und zeigt einen Blick auf die Düne, die sich hinter der Stadt und vor dem Abhang zur Hochebene auftürmt.

Arequipa - Iquique (Chile)

Freitag, 3. November

Was für eine Reise! Der Bus ist zwar bequem und die Sitze lassen sich fast bis zur Liegeposition kippen, aber das bringt natürlich auch nicht viel, wenn schon nach vier Stunden, nachts um zwei, die Lichter wieder angehen: Sicherheitskontrolle! Also alle aufstehen, raus aus dem Bus, Gepäckdurchleuchtung, wieder rein und weiter. Um vier Uhr morgens kommen wir in Tacna an, ab hier muss man ein Sammeltaxi nehmen, weil es keine Buslinien gibt, die über die Grenze fahren. Als unser Taxi voll ist, geht es weiter zur Grenze, die ist aber noch bis sieben Uhr geschlossen. Also reihen sich alle Autos brav - wie ich zunächst denke - in die Warteschlange ein. Die Zeit vergeht und plötzlich zeigen die Lichter am Grenzposten an, das er geöffnet ist. Und ab da hat sich‘s was mit brav und Warteschlange. Alle fahren gleichzeitig mit Hochgeschwindigkeit los, auf dem letzten Kilometer wird links wie rechts überholt und ich fühle mich wie bei einem Autorennen. Glücklich angekommen heißt es dann wieder Schlangestehen an der peruanischen Grenzkontrolle, dann noch einmal an der chilenischen, einschließlich weiterem Security-Check des Gepäcks. Als unsere Taxigruppe durch ist, fahren wir weiter nach Arica zum Busterminal. Uff! Die weitere Busfahrt nach Iquique ist verläuft dann ruhig, allerdings wollen sich meine chilenischen Sitznachbar*innen gerne mit mir unterhalten - und ich bin so müde! Die Fahrt geht durch die Wüste, und hier sieht man wirklich über weiteste Strecken nicht einen Grashalm! Manchmal sind jedoch riesige Zeichnungen an den Berghängen zu sehen, die aus Zeiten noch vor den Inkas stammen. Damals muss es hier etwas lebensfreundlicher gewesen sein! Mittags komme ich dann in Iquique an, einer Hafenstadt, die zwischen Meer und Hochebene gequetscht ist. Ein bizarrer Ort, den ich während des Nachmittags durchstreife. Abends dann noch ein Abendessen auf der Flaniermeile… leider kein Vergleich mit dem Essen in Arequipa.

Arequipa (Peru)

Donnerstag, 2. November

Auch heute war ein sehr ruhiger Tag, der letzte vor meiner Abfahrt in den Norden Chiles: der Nachtbus zur Grenze geht um zehn Uhr. In Arequipa habe ich heute noch die Jesuitenkirche besichtigt, insbesondere eine Kapelle, die im 16. Jahrhundert entstand und - für den europäischen Blick ungewöhnlich - über und über mit Dschungelmotiven ausgemalt wurde. Sie diente als Kultort für die Jesuitenmönche, die sich hier für die Missionierung im Raum des heutigen Paraguay vorbereiteten. Leider darf man darin nicht fotografieren, also gibt‘s nur ein Foto vom Kreuzgang des angrenzenden Klosters, der, wie alle alten Gebäude der Stadt, aus Sillar, einem hellen vulkanischen Gestein besteht. Am Abend gab‘s dann noch ein Klassik-Konzert im städtischen Theater, zu dem mich der weiter oben schon erwähnte Musiker eingeladen hat. Kurz nach neun ging‘s dann zum Busbahnhof.

Arequipa (Peru)

Mittwoch, 1. November

Nun ja, den heutigen Tag habe ich im Wesentlichen im Garten sitzend verbracht, um die weitere Reise zu planen und die entsprechenden Tickets und Unterkünfte zu buchen - aber auch um meinen müden Beinen ein wenig Erholung zu gönnen. Ungünstig für den Blog ist, dass es darüber natürlich kaum fotografische Dokumentation gibt. Ich hätte die Minitauben, die mit mir den Tag im Garten verbracht haben, ablichten können. Aber von denen hätte ich eher das seltsame Gurren aufnehmen sollen - klingt, als ob jemand diskret mal pupst. Oder ein Foto von der phantastischen philippinisch-peruanischen Fusion-Forelle, die‘s zum Abendessen gab. Oder war sie thailändisch-peruanisch, die Forelle? Hab ich leider vergessen, auf jeden Fall war sie das beste Essen, was ich bisher auf dieser Reise hatte! Statt eines Fotos von heute  wähle ich aber trotzdem lieber eines von gestern, auf dem man mal einen Blick in ein nicht-historisches Viertel von Arequipa sieht.

Cañón del Colca (Peru)

Dienstag, 31. Oktober

‚Im Frühetau zu Berge‘ also… obwohl, mit Tau is nix, dazu ist es hier zu trocken, dafür stapfen wir im Mondschein los (s. Foto). Jetzt geht‘s die 1000 Höhenmeter wieder hinauf - und Frühstück gibt‘s erst oben. Andere lassen sich von Maultieren den Weg hinauftragen, aber unsere Pandilla hält durch, trotz schweren Beinen, knirschenden Knien und Blasen an den Füßen! Am späteren Vormittag ist es geschafft und wir schleppen uns mit letzter Kraft zum Frühstück im Dorf - bis auf unseren tschechischen Kollegen, der ganz enttäuscht ist, dass es nun mit dem Bus weitergeht. Das Gute ist, dass der Bus  an Orten hält, wo sich ein gutes Entspannungsprogramm umsetzen lässt: Zuerst in einem kleinen Dorf, wo sich die Pandilla einen Colca-Sour genehmigt, dann an heißen Quellen, wo es sich in Steinbecken mit warmem Wasser sehr schön entspannen lässt, und schließlich in Chivay beim Mittagessen. Danach gibt es noch zwei Stopps, einen am höchsten Punkt der Fahrt auf 4900 Metern und einen weiteren zum Lamas-und-Alpakas-fotografieren… dann folgt eine lange Fahrt zurück nach Arequipa, wo wir kaum ins Zentrum kommen, da heute Halloween ist, morgen Allerheiligen (Feiertag) und gefühlt die gesamte Stadtbevölkerung dabei ist, sich mit Kürbis- und Gruseloutfit ins Getümmel zu stürzen. Unser peruanischer Teamkollege hat das - trotz reichlich Blasen an den Füßen - auch noch vor… für mich ist das eher nix - auch ohne Blasen!

Cañón del Colca (Peru)

Montag, 30. Oktober

Mitten in der Nacht, um 3:00 Uhr, klettere ich in den Bus und blicke in andere bleiche Gesichter - wirklich großartig scheint den Starttermin niemand zu finden, aber es geht wohl nicht anders, denn die Fahrt weit hinauf in die Anden dauert eben. Am Morgen gibt‘s zunächst einen Stopp beim Aussichtspunkt ‚Mirador del Condor‘ - mit schöner Aussicht, aber nur mit einem einzigen Jungkondor, der auch noch zu faul zum Fliegen ist… Und danach werde ich mit weiteren drei Leuten im Dorf Chivay abgesetzt, wo wir unseren Wanderführer treffen. Also macht sich unsere Vierer-Pandilla (ein Peruaner, eine US-Amerikanerin, die in Berlin lebt, und ein Tscheche - alle amtlich jünger als ich) auf den Weg, ca. 1000 Höhenmeter hinab in den Colca-Canyon. Unser Tourguide folgt uns mit Abstand. Am Mittag sind wir am Grund des Tals angelangt, von nun an geht es hinauf und hinab durch die terrassierte Landschaft, mit einem längeren Stopp zum Mittagessen. Das ist ein ganz schöner Ritt, der aber mit der Aussicht auf eine beeindruckende Landschaft belohnt wird. Am Abend, also wir bei unserer Unterkunft ‚El Oasis‘ ankommen, sind wir aber tatsächlich schwer geschafft. Umso besser, dass es hier ein Schwimmbecken mit warmem Thermalwasser gibt! Dann noch ein Abendessen in netter Runde und ins Bett, in einfachen Hütten gleich neben dem sanft rauschenden Colca-Fluss. Um 4:30 ist Abmarsch, um die Hitze, die sich hier am Talgrund rasch aufbaut, zu vermeiden. Macht also Sinn, ist aber trotzdem eher unerfreulich…

Arequipa (Peru)

Sonntag, 29. Oktober

Heute habe ich den netten Garten des Hotels kaum verlassen, denn ich war mit der weiteren Reiseplanung beschäftigt - die ist aber auch am Nachmittag immer noch nicht allzu weit gediehen. Nach Chile wird‘s wohl gehen, schließlich muss ich mich so langsam auch Buenos Aires nähern, wo ich am 19. November verabredet bin. Lang ist der Tag auch nicht, denn ich muss zeitig ins Bett - die zweitägige Colca-Canyon-Wandertour startet um 3:00 Uhr morgens. Womit wir wieder beim Thema ‚Ausschlafen in Lateinamerika‘ wären! Als Foto gibt‘s heute einen Blick über die Plaza de Armas, den Marktplatz von Arequipa.

Laguna de Salinas (Peru)

Samstag, 28. Oktober

Heute geht‘s raus aus Arequipa und rauf in die Anden. Auch heute zeigt sich wieder, dass Lateinamerika nichts für Langschläfer*innen ist: Abholung ist um sechs Uhr morgens. Dann geht‘s in einer langen Fahrt aus der Stadt, zunächst zu einer uralten Kirche im Dorf Chiguata. Sie wurde 1540, also gerade einmal 50 Jahre nach der Entdeckung Amerikas erbaut. Wirklich interessant ist die Dekoration eines Seitenportals, in dem sich europäischer Barock und Inka-Kunst vermischen. Von hier aus predigte der Pfarrer zu den noch nicht bekehrten, ursprünglichen Bewohner*innen der Gegend, denn die durften als Heid*innen nicht in die Kirche… Und nun hinauf, hinauf, hinauf in die Anden, fast auf 5000 Meter Höhe, zur Laguna de Salinas, einem Salzsee, wo ich meine erstes Anden-Komplettpaket erhalte: Höhensonne, schneebedeckte Gipfel, ein rauchender Vulkan und ein Salzsee, auf dem Vicuñas herumstreifen (schaut mal, ob ihr sie auf dem Foto entdeckt…) Sehr schön und für mich durchaus spektakulär ist das! Der Rest der Tour fällt dagegen etwas ab, eine Fahrt zu heißen Quellen mit Badeoption, die aber aufgrund des eiskalten Windes keiner wahrnimmt, ein Stausee mit ein paar traurigen Flamingos und schließlich ein gemeinsames Essen (obwohl, das war schon lecker - ich bin mit der peruanischen Küche ganz einverstanden…). Am Abend bin ich dann wieder in Arequipa, streife ein wenig herum, besuche eine Bar und komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der später mit einem Partner ein kleines Jazzkonzert geben wird. Ich gehe mit hin (was angesichts der gerade stattfindenden Prozession für den ‘Señor de los Milagros‘ schwierig ist, aber doch irgendwann nach Umwanderung mehrerer Blocks gelingt. Das Konzert ist tatsächlich schön und danach drehen wir mit weiteren Freunden des Musikers noch eine Runde durch‘s samstagabendliche Arequipa. Hier ist durchaus was los! Und lustige Getränke gibt‘s: eine Art Anis-Glühwein mit Ananas!

Arequipa (Peru)

Freitag, 27. Oktober

Lange habe ich geschlafen, aber da ich mich am Vorabend schon um halb neun hingelegt habe, bin ich trotzdem noch rechtzeitig zum Frühstück. Danach sitze ich erst einmal im Garten und mache mich an die Planung der nächsten Tage und der weiteren Reise - nichts, was man an einem Vormittag schafft. Am Mittag stromere ich aber zunächst durch die Stadt, die mir immer besser gefällt. Ich besichtige auch das Kloster Sta. Catalina, durch das mich eine nette Dame für einen (für Europäer) geringen Betrag mehr als eine Stunde lang individuell führt und mir alles erklärt. Das Frauenkloster, in das seit dem 16. Jahrhundert die zweitgeborenen Töchter wohlhabender Familien gesteckt wurden, um betenderweise die Gesamtfamilie vor dem Fegefeuer zu bewahren, ist wie eine kleine Stadt aufgebaut: Es gibt Straßen und Plätze, Gärten und Werkstätten. Jede der wohlhabenden Nonnen hatte ein eigenes „Häuschen“, bisweilen für die Zeit recht nobel ausgestattet, mit angeschlossener Küche und entsprechenden Haushaltshilfen. Ein hübscher Ort in Weiß, Rot und Blau - aber wenn frau mal drin war, kam sie nie wieder raus… Wie froh bin ich, dass Kloster auch wieder verlassen zu können, noch eine Galerie und die Kathedrale zu besichtigen und dann stilecht-peruanisch Alpaka-Steak mit Andenkartoffeln und peruanischem Rotwein genießen zu dürfen!

Bogotá - Arequipa (Peru)

Donnerstag, 26. Oktober

Auch am Metropolenflughafen in Bogotá geht morgens um halb vier alles ganz schnell und so warte ich, mühsam die Augen offenhaltend, auf den Fug. Der geht auch pünktlich ab, so dass wir um halb elf in Lima landen. Dort ist am Flughafen allerdings die Hölle los und die Zeit zum Umsteigen in den Flug nach Arequipa nicht zu großzügig bemessen, da ich hier erst durch die Passkontrolle muss, dann am Band auf mein Gepäck warten, dann zur Gepäckdurchleuchtung, dann wieder zur Gepäckaufgabe (mit einem netten Schalterangestellten, der versucht, mich auf Deutsch abzufertigen und mir sagt, dass er angefangen habe, diese Sprache zu lernen, weil er so gerne „Revolverheld“ hört), dann wieder durch den Sicherheitscheck und zum Gate, das sich noch ändert und an dem es keine Durchsagen gibt, sondern nette Damen, die mit unerschütterlichem Lächeln die Ansagen in die Menge rufen. Es klappt aber auch so alles und mittags um zwölf bin ich in Arequipa, im Süden Perus. Sehr trockene Gegend, auf 2300 Metern Höhe, klare Luft, gleißendes Licht, schneebedeckte Vulkane und eine wirklich schöne, aus weißem Vulkangestein gebaute Stadt… oder besser Altstadt, denn drumherum sieht‘s natürlich aus wie in allen Randbezirken lateinamerikanischer Städte, die ich bisher gesehen habe. Mein Hotel ist hübsch, vor allem hat es einen schönen Garten, und am Abend mache ich hier noch bei einem kleinen peruanischen Kochkurs mit: Rocote relleno con pastel de papa, siehe Bild - ja, richti, das sieht aus wie gefüllte Paprika mit Kartoffelgratin, stimmt auch fast, aber die Paprika ist höllisch scharf, die Füllung hat Erdnussaroma und auf den Gratin kommt Anis - doch ein eigenes, aber ziemlich leckeres Geschmackserlebnis.

Palomino - Bogotá (Kolumbien)

Mittwoch, 25. Oktober

Am Morgen werde ich abgeholt und mit dem Auto nach Santa Marta gebracht. Ich bin reichlich früh, Gepäckaufgabe und Sicherheitscheck dauern an so einem kleinen Flughafen ja nicht lange… und dann geht der Flug auch noch erst mit einer Stunde Verspätung ab. Reichlich Rumsitzen also. Schließlich bringt mich das Flugzeug nach Bogotá (Foto vom Abflug in Santa Marta) und ein Taxi in das Hostel, wo ich schon vor eineinhalb Wochen war. Hier werde ich wieder nett empfangen, viel Zeit ist aber nicht: Kurz raus zum Abendessen und zu einer kleinen Runde durch‘s Viertel, aber um sieben gehe ich schon schlafen, denn um 02:30 wird schon wieder der Wecker klingeln.

Kleines, unvollständiges Kolumbien-Fazit: Erstens: Leider habe ich nur einen winzigen Bruchteil dieses spannenden Landes gesehen. Zweitens: Was ich gesehen habe, hat mir sehr gefallen und mich beschäftigt, bei etwas trockenerem Wetter wäre ich allerdings noch aufnahmefähiger - ich sollte also das Thema „Regenzeit“ künftig besser checken. Drittens: Ich will so werden, wie die Kolumbianer*innen: Nicht nur „Guuntach!“ nuscheln, wenn ich jemandem begegne, sondern freundlich lächeln und zumindest ein „Wie geht‘s dir heute?“ hinterherschieben, um die Tür für ein Gespräch zu öffnen. Ja, ich weiß, das ist nur „Smalltalk“, aber der macht das Leben viel schöner!

Palomino (Kolumbien)

Dienstag, 24. Oktober

Wieder ein ruhiger Tag: Frühstück, Strand, Hängematte… und das zunächst auch bei schönem Wetter. Das nennenswerteste Ereignis des Tages sollte allerdings der - wie ich schätze - bisher heftigste Regen während meines Aufenthalts sein, der an diesem Nachmittag niederging. Wie der Himmel hier die Schleusen öffnen kann! Und natürlich kommen noch mächtig Blitz und Donner dazu (das Foto zeigt Regen und Blitz gleichzeitig - ein Filmstill aus einem Video vom Tag). Natürlich gibt‘s den Stromausfall wieder inklusive, also geht’s mit Stirnlampe und durch Pfützen watend zum Abendessen. Danach noch ein wenig Quatschen und Abschied von den Leuten von der Unterkunft. Die waren wirklich sehr nett! Dann Sachen packen und startklar machen für den Aufbruch zur nächsten Reisetappe.

Palomino (Kolumbien)

Montag, 23. Oktober

Das Foto von heute ist insofern ein Fake, als es von gestern stammt - aber ich muss es hier in den Post stellen, denn wenn man hier etwas liken könnte, würde es bestimmt so einige nach oben gereckte Daumen einsammeln. Heute Abend stapfe ich aber mit Stirnlampe zum Strand, denn nach dem üblichen Gewitterregen folgt der übliche Stromausfall. In meinem Stamm-Strandlokal (Don Joaquín ist hier schon bekannt - und heute auch zunächst der einzige Gast) rattert der Dieselgenerator und daher gibt‘s auch Licht und Essen. Das wird aber speziell, da zwei der eingeborenen Koguis auf mich zukommen, ein Mann undefinierbaren Alters und sein Vater, und mich bitten, ihnen etwas von meinem Essen übrig zu lassen. Ich bestelle ihnen zusammen ein weiteres Gericht, dass sie etwas abseits zu sich nehmen. Dann setzen sie sich aber wieder zu mir an den Tisch und starren auf meine Portion, die ich ihnen schließlich auch überlasse. Es ist schon sehr seltsam, diesen winzigen, ausgezehrten Menschen in ihrer traditionellen Kleidung gegenüber zu sitzen und ihnen beim Essen zuzuschauen. Der Jüngere erzählt ein wenig von sich und seiner Familie, der Vater spricht kein Spanisch. Stimmt alles, was sie mir erzählen, z.B. dass sie drei Tage lang von ihrem Dorf hierher gewandert sind? Keine Ahnung! Aber das Essen können sie sicher gebrauchen, das sieht man. Selten habe ich so drastisch erlebt, was für ein himmelweiter Unterschied zwischen meiner Lebenwelt und der anderer Menschen liegt. Klar, ich weiß das natürlich, aber es so vor sich zu sehen ist eben doch etwas anderes.

Palomino (Kolumbien)

Sonntag, 22. Oktober

Auch heute ein ruhiger Tag zwischen Hängematte, Coworking-Space (immer noch kein Co da…) und Strand(-bar). Was ist anders als sonst? Ich mache einen zweiten Spaziergang am Nachmittag und erlebe dann, dass durch das Dorf und den Strand entlang um diese Zeit routinemäßig zahlreiche Militär(?)polizisten patroullieren. Auch die sind alle, wie hier üblich, sehr freundlich: sie grüßen, wünschen einen schönen Nachmittag und sind durchaus zu einem Schwätzchen aufgelegt… was sich aber doch komisch anfühlt, wenn man sich dabei einem jungen Menschen mit Helm, Panzerweste und Maschinengewehr gegenüber sieht… Aber das ist auch ein Hinweis darauf, dass die Ruhe in diesem Land noch immer kein selbstverständlicher Dauerzustand ist.

Palomino (Kolumbien)

Samstag, 21. Oktober

Tja, da könnte ich jetzt wohl einfach Copy&Paste vom Vortag machen… einziger Unterschied: Heute Nachmittag habe ich mal eine Runde durch „Downtown Palomino“ gedreht. Viel zu sehen gibt‘s da außer Hostels, Lokalen, Souvenir- und Snackbuden nicht. Jede Menge Touristen sind da aber unterwegs - erstaunlich, dass schon ein paar „Straßen“ (eher Matschwege, s. Foto) weiter alles ganz ruhig ist. Ich scheine es mit meiner Hütte und meiner Hängematte wirklich gut getroffen zu haben. Allerdings ist da so wenig los, dass sogar das Burrito-Essen heute Abend wegen Teilnehmermangel gecancelt wurde… macht nicht‘s, ich hatte schon Fish&Chips „Carribean Style“ am Strand.

Palomino (Kolumbien)

Freitag, 20. Oktober

Heute Nacht gab es - wie eigentlich fast jeden Tag bisher hier in der Gegend - Gewitter, diesmal aber mit nachfolgenden Stromausfall als Dreingabe, was heißt, dass ich von Dieselgeneratoren und plötzlich aufleuchtender Notbeleuchtung mehrfach geweckt worden bien. Ansonsten es gibt nicht viel zu berichten, Frühstück, ein wenig Tippen im Coworking-Space (in dem aber niemand mit mir coworkt, da ich zumindest am Vormittag der einzige Gast hier bin), tja, und ansonsten: Lesen, essen, am Strand sitzen und sonst nicht viel. Da kann man sich ganz gut vom Schlafmangel der vergangenen Nacht erholen. Passt alles ganz gut!

Palomino (Kolumbien)

Donnerstag, 19. Oktober

Ab jetzt werden die Einträge wohl für ein paar Tage recht kurz, denn hier passiert nicht viel - aber das war ja auch von Anfang an so vorgesehen: Ein wenig ermattet in der Hängematte abhängen und gelegentlich mal am Strand spazieren - bloß nicht zu weit, es soll ja kein Stress werden. Und echt heiß ist‘s halt auch, aber das gehört zum Karibik-Gesamtpaket ja dazu!

Santa Marta - Palomino

Mittwoch, 18. Oktober

Einen Tag später als ursprünglich geplant fahre ich heute nach Palomino. Das ist ein Dorf an der Karibikküste, ca. zwei Stunden östlich von Santa Marta (von dort stammt übrigens noch das Foto mit bunten Häusern, Blumen und Kabelsalat). Ich lasse mich mit dem Taxi chauffieren, denn um mein Gepäck zur Bushaltestelle zu zerren, in der Hitze zu warten, bis der Bus voll ist und dann im Dorf wieder den Kram über die unbefestigten Straßen zur Unterkunft zu schleppen, ist es mir zu heiß und ich fühle mich auch noch nicht fit genug. Ich rufe also den Taxifahrer von gestern an, der bringt mich direkt zu meinem Ziel und wir unterhalten uns auch ganz gut. Vor Ort in Palomino werde ich nett empfangen, beziehe meine Hütte (sehr gemütlich, aber auch gut warm), mache noch einen kleinen Spaziergang am Strand und esse in einer Strandbar endlich mal wieder was Gescheites.

Cartagena de Indias - Santa Marta

Dienstag, 17. Oktober

Ich fühle mich fit genug für die fast fünfstündige Fahrt an der Küste entlang. Wir sind mit einem kleinen Bus mit ca. 20 Plätzen unterwegs. Ich sitze vorne neben dem Fahrer, was mir natürlich eine gute Aussicht beschert. Lange Zeit geht‘s erstmal „nur“ durch‘s Grüne, aber hier grünt es tatsächlich grüner als in Mitteleuropa - und außerdem stehen da keine Schilder an den Straßen, die vor querenden Ameisenbären warnen. Habe aber leider keinen gesehen! Dann geht‘s durch Barranquilla, eine Großstadt an der Küste, und dann, besonders interessant, zwischen Meer und Sumpfgebiet auf einem schmalen Landstreifen an der Küste entlang, bis wir schließlich in Santa Marta sind. Dann noch mit dem Taxi zum Hotel, und dann in die Stadt. Die ist längst nicht so malerisch wie Cartagena, aber auch hier gibt‘s reichlich Touristen. Ich spaziere durch das Zentrum und den Malecón (die Strandpromenade) entlang. Auf dem Bild sieht man den Sonnenuntergang über dem Meer und davor - sehr typisch in ganz Lateinamerika - einen Raspao-Verköufer, der kleingehacktes Eis mit Fruchtsirup anbietet.

Catagena de Indias

Montag, 16. Oktober

Ich habe beschlossen, nicht den ganzen Ritt nach Palomino, meinem nächsten geplanten Ziel,einem Dorf an der Karibikküste, ca. 300 km nordöstlich von Cartagena, auf einmal zu unternehmen, sondern noch eine Nacht in Santa Marta einzuschieben, um die Reise etwas entspannter zu machen. Heute geht‘s mir besser und ich kann auch endlich mal Cartagena erkunden, eine wirklich bemerkenswert schöne Kolonialstadt mit beeindruckender Befestigung. 1533 wurde sie gegründet und ist damit eine der ältesten Städte auf dem südamerikanischen Kontinent. Noch älter ist allerdings Santa Marta, wo ich morgen hinfahre.

Cartagena de Indias

Sonntag, 15. Oktober

Tja, über Nacht ist die Erkältung zwar nicht verschwunden, dafür ist aber noch eine weitere, eher tropentypische Erkrankung dazugekommen, aber das hier soll ja kein Gesundheitsblog werden. Tatsache ist aber, dass das Bild von heute (die Festungsanlagen und die Silhouette des neuen Cartagena) eigentlich nicht von heute ist, denn heute habe ich praktisch den ganzen Tag im Hostel verbracht. Schön ist, dass man sich hier recht nett um mich kümmert, aber ein „Hotelurlaub“ stand ja eigentlich nicht auf meinem Reiseplan…

Bogotá - Cartagena de Indias

Samstag, 14. Oktober

Das mit dem „Ruhe gönnen“ gilt weiter, denn die Erkältung ist mit Begeisterung mit mir an die Karibikküste gereist. Karibik und Erkältung - was soll das? Der Flug war ganz entspannt mit netten Gesprächen. Dann ein Taxi zum Hostel, wo ein geräumiges und zum Glück mit Klimaanlage ausgestattetes Zimmer auf mich wartet. Ansonsten ist es nämlich wirklich obertropisch, wenn man vor die Tür tritt, hat man das Gefühl, gegen eine Hitzewand zu laufen - ich belasse es dementsprechend bei einem kurzen Spaziergang.

Bogotá

Freitag, 13. Oktober

Das frühe Schlafengehen hat leider noch nicht gewirkt, der Husten ist weiter amtlich. Dementsprechend war heute ein sehr ruhiger Tag: Ein paar Einkäufe, Check-In für den Flug morgen nach Cartagena, Mittagsschlaf, ein Besuch im Goldmuseum und schließlich nochmal raus zum Abendessen. Jetzt liege ich aber schon wieder in der Koje! Morgen geht‘s wieder in die Tropen, was für meinen auf mitteleuropäisch-ausgewogenes Langweilerwetter geeichten Organismus natürlich eine Herausforderung ist! Ich gönne ihm also lieber noch etwas Ruhe…

Bogotá - La Chorrera

Donnerstag, 12. Oktober

Heute, am 531. Jahrestag der „Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus bin ich genau einen Monat auf diesem Kontinent unterwegs - und obendrein auch noch in Kolumbien! Kolumbus und die Spanier*innen, zumindest die, die für die Conquista verantwortlich waren, scheinen hier in Lateinamerika hier verständlicherweise nicht besonders beliebt - aber es gibt wohl trotzdem keine Pläne, das Land umzubenennen…

Heute habe ich an einem Ausflug zu „La Chorrera“, einem Wasserfall in den Bergen östlich von Bogotá teilgenommen. Mit dem Auto ging‘s zunächst einmal weiter hoch, auf ca. 3300 Meter, und ich habe zum ersten Mal den Páramo, die Höhensteppe mit ihrer charakteristischen Vegetation gesehen. Dann wieder hinunter ins Tal, wandern durch eine wunderschöne, leicht alpin wirkende, doch mit viel exotischeren Pflanzen versehene Landschaft. Wunderschöne Blumen, herrliches Licht, reine Luft und 20 Grad rund ums Jahr! Mit mir war noch ein britisch-kolumbisches Pärchen mit kolumbianischem Cousin unterwegs und unsere Führerin, die schon gestern die Fahrradttour geleitet hatte - so ein Zufall! Ich fand den Tag herrlich, auch wenn er meiner Erkältung wohl am Ende doch nicht zuträglich war. Jedenfalls habe ich mich, nach einer kleinen Sonnentuntergangs-Runde durch Bogotá in der Hoffnung auf Besserung schon am frühen Abend ins Bett gepackt.

Bogotá (Kolumbien)

Mittwoch, 11. Oktober

Heute habe ich an einer fünfstündigen Fahrradtour durch Bogotá teilgenommen - wie herrlich, endlich (fast genau einen Monat nach Abflug aus Deutschland) mal wieder auf einem Sattel zu sitzen und zu radeln. Bogotá hat in der Tat ein recht großes Radwegenetz, aber de facto fährt man überall, auf dem Radweg, auf der Straße, auf dem Gehsteig. Das scheint aber für alle so in Ordnung zu sein. Wir haben wichtige Gebäude und Parks besucht, das Mahnmal für die Opfer des Bürgerkriegs, es gab eine Obstverkostung auf dem Markt und einen Besuch in einer Kaffeerösterei - und das alles mit einer sehr netten Touristentruppe, mit der wir dann nach der Tour auch noch gemeinsam Essen gegangen sind, und einer sympathischen Führerin. Sehr empfehlenswert, finde ich. Die Acht-Millionen-Stadt ist ein wildes Konglomerat aus Alt und Neu, aus Reich und Arm, quirlig und lebendig, eigentlich recht sauber und die Luft ist ziemlich gut, nicht so versmogt wie andernorts. Allerdings muss ich ja auch zugeben, dass wir mit dem Fahrrad zwar einen weiteren Bewegungsradius hatten als zu Fuß, aber eben doch nur die zentralsten Bezirke gesehen haben. Das Foto zeigt neben einer alten Kirche auch den Bacata-Tower („Bacata“ ist ein alter Name Bogotás), der leider als Bauruine in der Gegend steht, weil dem Investor das Geld ausgegangen ist.

San Salvador (El Salvador) - Bogotá (Kolumbien)

Dienstag, 10. Oktober

Ha! Heute war ich vor den Hühnern auf den Beinen! Kein Hahnenschrei war zu hören, als ich um 2:20 Uhr aufstand. Die Fahrt zum Flughafen war in der Tat ziemlich lang, da wir doch nur recht langsam fuhren. Trotzdem waren wir um 5:00 Uhr da - Abflug um 9:00 Uhr. Die etwas zu großzügig erscheinenden vier Stunden konnte ich allerdings dann teilweise doch noch gut gebrauchen: Es stellte sich heraus, dass man für Kolumbien, ähnlich wie für die USA, einen Online-Antrag vor der Einreise ausfüllen muss, und dass man nicht ins Land eingelassen wird, wenn man kein Ticket zur Weiterreise besitzt. Beides erledigte ich dann noch in vor-der-Gepäckaufgabe-knieender-Weise, denn es gab keinen Platz sich irgendwo hinzusetzen. Schließlich winkte mich aber doch noch eine der Damen der Fluggesellschaft zu sich an den Schalter heran, wo ich weitertippen konnte. Jetzt habe ich einen Weiterflug nach Ecuador… mal sehen, den kann man aber auch noch umbuchen. Alles Weitere lief dann glatt und am Mittag betrat ich zum ersten mal südamerikanischen Boden (bisher war ich immer nur in Mittelamerika…). Beim Anflug auf Bogotá sah ich übrigens unglaublich viele Gewächshäuser, in denen Blumen für den us-amerikanischen und europäischen Markt angebaut werden… eigentlich ein Skandal: Schnittblumen ernten, zum Flughafen bringen und über den großen Teich nach Europa schicken… klar, eine gute Einnahmequelle, aber auch ökologischer Wahnsinn! Der Transfer zum Hostel lief gut, das Hostel selbst ist ein - zumindest innen - hübscher Bau, wohl aus dem vorletzten Jahrhundert - und mein Zimmer ist hell, luftig und nicht überhitzt, was nach Tagen im tropischen Klima unterm Wellblechdach ein Traum ist! Bogotá liegt eben auf ca. 2600 Metern Höhe, und das macht sich durchaus bemerkbar. Der Tag ging mit einem allerersten Rundgang durch die hübsche Altstadt „La Candelaria“ mit ihren vielen Häusern aus der Kolonialzeit und über die Plaza de Bolívar mit der Kathedrale (s. Foto) und ein paar interessanten Gesprächen auf der Dachterrasse des Hostels zu Ende… lang konnte man da aber nicht sein, wurde zu kühl, und ich musste mich auch wirklich erstmal ausruhen.

Atiquizaya (El Salvador)

Montag, 09. Oktober

Heute haben wir nur am Vormittag noch eine weitere Stipendiatin besucht und ihren sehr gut bestellten Gemüsegarten besichtigt. Ich selbst war gesundheitlich ein wenig angegriffen und auch dem unermüdlichen Yohalmo schien ein wenig die Puste auszugehen - insofern waren wir uns sehr einig darin, dass der Rest des Tages zuhause verbracht werden sollte. Allerdings kamen doch auch noch Leute von unserer Partnerorganisation vorbei und wir konnten ein paar wichtige Gespräche führen. Insgesamt hat mich mein Besuch sehr beeindruckt und darin bestärkt, dass unsere gemeinsame Arbeit hier sich lohnt und unbedingt fortgeführt werden sollte, weil es sich lohnt! Deswegen zum Abschluss auch ein Foto von Atiquizaya mit hoffnungsvollem Regenbogen! Jetzt galt es allerdings, den Koffer zu packen und besonders früh schlafen zu gehen, da Yohalmo und die Leute, die er fragte, fest davon überzeugt waren, dass man unbedingt um drei Uhr morgens abfahren müsse, um sicher rechtzeitig zum Flughafen zu gelangen…

Atiquizaya + Apaneca
(El Salvador)

Sonntag, 8. Oktober

Heute morgen gab es eine Versammlung mit den Stipendiat*innen im Lokal unserer Partner-NGO. Die Studierenden haben vor die Vielfalt der von ihnen in Angriff genommenen Projekte dargestellt, insgesamt zehn Projekte im Bereich von Umweltschutz, Ernährung und Kultur. So wurde beispielsweise eine Initiative zur Verschönerung und touristischen Aufwertung des Zentrums von Atiquizaya ergriffen und der Stadtverwaltung vorgelegt, ein weiteres Baumzucht- und -pflanzungsprojekt angeschoben und es wird angestrebt, auch Nicht-Stipendiat*innen in das Gartenbauprojekt und die Vermarktung der Produkte auf dem „Agromercadito Orgánico“ mit einzubeziehen. Ich hatte einen sehr guten Eindruck von der Aktivität und dem Tatendrang der Beteiligten! Am Nachmittag stand dann ein kleiner Ausflug nach Apaneca auf dem Programm, allerdings war der Marktplatz dieses an sich hübschen Bergdorfes wegen Renovierungen weiträumig abgesperrt, so dass wir eigentlich nur zu Mittag essen und dann wieder abfahren konnten… deswegen gibt es auch kein Foto von diesem Ort, sondern wieder eines aus Atiquizaya. Hier sieht man den Chingo, einen nicht mehr aktiven Vulkan, der von vielen Punkten der Stadt aus zu sehen ist. In dem kleinen Land - ungefähr so klein wie Hessen - gibt es immerhin sieben aktive Vulkane. Hinter dem erloschenen Vulkan auf dem Foto beginnt auch schon Guatemala.

San Salvador (El Salvador)

Samstag, 7. Oktober

Heute stand eine Fahrt in die Hauptstadt, San Salvador, auf dem Programm, weil Yohalmo dort an der Präsentation einer Buchreihe der Heinrich-Böll-Stiftung, an der er mitgewirkt hat, teilnehmen sollte. Die Präsentation fand in einem privaten Kunstmuseum statt, was für mich insofern interessant war, also dort gerade auch eine Ausstellung über die Entwicklung der Kunst in El Salvador seit der Kolonialzeit zu sehen war. Das war interessant, auch wenn man klar sieht, dass man sich doch fast ausschließlich an den Tendenzen der Kunst in Europa orientierte. Nach der Buchpräsentation wollten wir noch das Stadtzentrum besichtigen, aber… wir kamen nicht hin, so viel Verkehr und Stau war auf den Straßen. Je näher man hier dem Zentrum kommt, umso unübersichtlicher wird das Gewusel aus Autos, Bussen, Fußgängern und Verkaufsständen, und das vor dem Hintergrund einer an sich schon chaotisch zusammengewürfelt wirkenden Stadt - eine Bauordnung scheint‘s hier jedenfalls nicht zu geben. Wie gesagt, wir mussten den Versuch, das Zentrum zu erreichen, abbrechen, weswegen es auch nicht ganz so tragisch war, dass ich heute meine Kamera bzw. mein Handy zuhause liegenlassen habe. Hier also nur ein Foto vom abendlichen Atiquizaya bei unserer Rückkehr.

Atiquizaya (El Salvador)

Freitag, 6. Oktober

Heute fand der „Agromercadito Orgánico“ unserer Stipendiat*innen statt. Hier verkaufen sie das Obst und Gemüse, dass sie im Rahmen unseres Projektes in ihren Gärten herangezüchtet haben. Sie waren wirklich eifrig und mit Freude bei der Sache und durchaus erfolgreich beim Verkauf. Danach konnte ich mir noch einen Bereich an dem Flüsschen, das sich durch den Ort zieht, besichtigen, wo die Stipendiat*innen ein Wiederaufforstungsprojekt durchgeführt haben. Sie haben schon mehr als 5000 Bäume herangezogen und gepflanzt! Am Nachmittag besuchten wir zwei Stipendiat*innen zuhause, um ihre Lebenssituation besser zu verstehen und die Gärten zu besichtigen. Es besteht schon wirklich ein extremer Unterschied zwischen unseren Lebensbedingungen in Deutschland und der Situation, in der sich viele Menschen hier befinden. Ein Mädchen, das wir besuchten und das auch am Markt teilgenommen hatte, erzählte mir danach, dass sie heute 8 Dollar eingenommen habe - das ist bei einer Familie, die oft am Monatsende nichts mehr zu Essen kaufen kann, eine Menge!

Atiquizaya (El Salvador)

Donnerstag, 5. Oktober

Wie schon gesagt, der Tag beginnt um 5:00 Uhr mit Hahnengekrähe, Papageiengeschreie und Motorenlärm… hat sich was mit Kleinstadtidylle! Nun ja, eigentlich kenne ich das ja schon, war nur noch nicht wieder darauf eingestellt. Wir gehen frühstücken (Rührei, Tomatensoße und gebratene Bananen, auf Wunsch mit Bohnen oder Frischkäse) und dann beginnt die erste Besuchstour zu einer Stipendiatin, die draußen auf dem Lande wohnt. Wir fegen im Mototaxi (Tuktuk) halsbrecherisch über die Schlaglochpisten. Die Familie wohnt, wie so viele, in einer Hütte aus Lehmziegeln mit Wellblechdach, gekocht wird draußen auf dem Feuer und das Wasser muss aus dem Tal den Hang hinaufgeschleppt werden. Aber der Garten, den die Tochter mit Anleitung unserer Partner angelegt hat, wirft schon einiges ab und hilft der Familie, etwas besser klarzukommen. Danach fahren wir zu Yohalmos eigenem Garten, in dem wir die anderen Mitglieder unserer Partner-NGO treffen und uns über unser gemeinsames Projekt austauschen. Essen gibt‘s auch, leckere Hühner-Gemüsesuppe mit beiden Zutaten aus dem eigenen Garten, und frische Kokosnüsse - und das Ganze unter Palmen, Avocadobäumen, Papaya- und Bananenstauden. Danach noch ein Nickerchen in der Hängematte in tropisch-schwüler Mittagshitze - Welch ein Kontrast zum Leben in San Francisco! Leider hat sich nach meinem Mittagsschlaf das Wetter eingetrübt. Wir marschieren trotzdem los, auch ohne Regenschirm. Kurz bevor es richtig losgeht, treffen wir unseren Stipendiaten, der uns zunächst zu einem seiner Gärten führt, dort warten wir den heftigsten Regen unter dem Dach der Hütte einiger Landarbeiter*innen ab, bevor wir bei nun leichterem Regen durch den Matsch zum nächsten Garten ziehen, wo wir mit Kakao (mit Wasser und Zimt zubereitet) empfangen werden und den nächsten Regenguss abwarten, bevor wir den Garten besichtigen können. Zum Glück geht‘s dann mit dem Mototaxi zurück - das ist allerdings wieder ein wilder Ritt! Ich mache dann noch einen kleinen Spaziergang durch Atiquizaya. Die sehr harte Hand der Regierung gegenüber den kriminellen Banden, die die Szene lange beherrscht haben, aber auch gegen alle, die sie nur für Bandenmitglieder hält, hat zumindest dazu geführt, dass nun auch am frühen Abend noch mehr Leben auf den Straßen ist und viele neue Läden eröffnet haben. Ich bin aber bald zurück, wir essen zu Abend - und heute sollte ich zusehen, dass ich deutlich früher ins Bett komme!

San Francisco - San Salvador

Mittwoch, 4. Oktober

Mein Flug geht erst um 14:10 Uhr, sodass genügend Zeit zum Frühstücken und Packen ist. Die Anfahrt zum Flughafen gestaltet sich etwas kompliziert mit Bus- und Zugwechseln und verschiedenen Tickets, die dafür nötig sind. Auch am Flughafen wird die Sache nicht wirklich einfacher, unter anderem durch die gründlichste, umständlichste und langsamste Sicherheitskontrolle, die ich jemals erlebt habe - ich kann danach gleich, ohne weitere Pause, zum Gate und ins Flugzeug marschieren… Nun also geht’s nach El Salvador, genauer gesagt nach Atiquizaya, eine Kleinstadt im Westen dieses kleinen Landes. (Mit einigen Freunden haben wir vor mittlerweile 16 Jahren den Verein PPA gegründet, um Schulkinder und Studierende dort zu unterstützen. Jetzt will ich Yohalmo, den Leiter unserer Partner-NGO vor Ort und seine Mitstreiter*innen besuchen und vor allem auch einige der von uns geförderten Jugendlichen treffen.) Der Flug ist lang, aber entspannt, ich werfe noch einen Blick auf San Francisco und die Küste und lasse den Golf von Kalifornien und weite Teile von Mexiko an mir vorbeiziehen, wobei es langsam dunkel wird. Dass wir uns den Tropen nähern, sieht man auch an den vielen Blitzen, die durch die Gewitterwolken zucken, über die wir hinwegfliegen - das habe ich in der Tat noch nie so gesehen. Schließlich landen wir in San Salvador und ich werde von Yohalmo, seinem Sohn und seiner Enkeltochter in Empfang genommen. Mit dem Auto fahren wir nach Atiquizaya, wobei wir zum Abendessen noch einen Zwischenstopp in einer Pupusería machen. (Pupusas sind Maistortillas mit verschiedenen leckeren Füllungen). Um elf kommen wir an, und wenn ich gewusst hätte, wie zeitig am nächsten Tag der Lärm  von frühaktiven Hähnen, Papageien und scheppernde Autos losbricht, wäre ich auch sofort ins Bett gegangen. So hat‘s aber noch etwas länger gedauert…

Alameda (bei San Francisco)

Montag, 2. Oktober

Tja, der touristische Höhepunkt war heute wohl der Ausblick auf die zwei Palmen von Marcos und Claudias Terrasse aus (s. Foto). Im Wesentlichen war ich heute hier, habe getippt, geputzt und gesportet… war nur zum Einkaufen draußen, um den heutigen, wenn schon nicht touristischen, so doch kulinarischen Höhepunkt des Tages zu ermöglichen: Bouletten mit Bratkartoffeln zum Abendessen. Claudia und Marco streiten gemäß ihrer geografischen Herkunft gerade immer noch um die korrekte Bezeichung, sie besteht auf Fleischpflanzerl, er auf Frikadellen… sagen wir „German Meatballs“.

Muir Woods (bei San Francisco)

Sonntag, 1. Oktober

Auch der heutige Tag verlief recht ruhig und gepflegt, allerdings haben wir einen Sonntagsausflug nach Muir Woods unternommen, einem „National Monument“, wo man Küsten-Mammutbäume angucken kann. Wir sind früh aufgebrochen und haben den Vormittag wandernd im Wald verbracht. Sehr sehenswert, und obwohl auch durchaus viele andere Besucher am Start waren, hatte man doch das Gefühl, tief drin in der Natur zu sein. Die älteren Mammutbäume sind tatsächlich beeindruckende Riesen, was sich aber auf einem Foto nur schwer einfangen lässt. Mittags mussten wir wieder zurück, damit der Sohn der Familie sein Fußballspiel absolvieren kann (gewonnen - Glückwunsch!). Claudia und Marco sind auch fest ins Soccer-Business involviert - ich dagegen bin ja bekanntermaßen nicht ganz so fußballbegeistert, habe also den Nachmittag lieber im Garten und am Herd verbracht.

Alameda (bei San Francisco)

Samstag, 30. September

Der Tag heute ist mit Ausschlafen, Sport machen, ein wenig Arbeiten, Einkaufen und dem Zubereiten eines deutschen Kartoffelsalates für meine Gastgeber vorbeigegangen. Für‘s Wiener Schnitzel hat‘s nicht mehr gereicht, aber Hühnchen tat‘s auch. Viel mehr gibt‘s aber von diesem Tag nicht zu berichten, außer dass es nett und gemütlich war. Tatsächlich habe ich heute auch gar kein Foto gemacht… ich nehme stattdessen die Seelöwen von gestern, die ihren Tag offensichtlich ungefähr so relaxt verbringen wie ich den heutigen.

San Francisco

Freitag, 29. September

Heute liegt zum ersten Mal der legendäre Dunst über der Bucht von San Francisco, und bei meiner Runde an den Hafenpiers entlang und weiter in die Stadt ist zwischen Nebel und Nieselregen bisweilen nicht mehr genau zu unterscheiden. Am Hafen herrscht ein enormer Touristentrubel, ich reihe mich ein, ziehe an Vergnügungsbuden vorbei, erhasche einen Blick auf die vor dem Pier 39 lagernden Seelöwen und auf die Gefängnisinsel Alcatraz, die gelegentlich aus den Nebelschwaden hervortritt. Dann weiter zu Fuß in die Stadt hinein, was einer Bergwanderung ziemlich nahe kommt, da man hier beim Ziehen der Straßenverläufe die recht gebirgige Topographie konsequent ignoriert hat. Das Foto zeigt die Lombard-Street: Das Foto ist als Tribut an die reiferen Semester wie mich gedacht, die noch die Siebziger und Achtziger auf dem Schirm haben und sich an gepflegte Verfolgungsjagden, gesäumt von Blumenrabatten, durch die Straßen von San Francisco erinnern…  Danach wurde der Spaziergang in der Tat etwas länglich, aber zum Glück kann man hier schon um halb sechs in fröhlicher Atmosphäre in einer Bar ein Getränk einnehmen. Und auch noch ein zweites. Die Leute hier scheinen schon sehr früh auszugehen! Eigentlich im Vergleich zur Nachteulenstadt Berlin sehr angenehm.

San Francisco

Donnerstag, 28. September

Heute komme ich erst am Mittag los, aber nun fahre ich auch endlich zum ersten Mal ins Zentrum von San Francisco. Zunächst einmal stapfe ich durch Soma (South of Market Street), bewundere ein Wandgemälde von Diego Rivera („Unidad panamericana“), dass sich momentan dort befindet. Dann weiter Richtung Civic Center - und ich bin schon ein wenig schockiert von all dem Elend, was ich unterwegs sehe - sehr viele Obdachlose, die teilweise ihre Zelte direkt auf dem Bürgersteig aufgeschlagen haben. Auch bei der Anfahrt auf San Francisco im Zug vor zwei Tagen, habe ich schon viele Lager von Menschen ohne Wohnung gesehen. Das ist hier sichtbarer als in den anderen Städten, die ich zuvor besucht habe. Es verdeutlicht doch, dass es hier kein soziales Netz gibt, dass deinen Absturz etwas abfedern würde… In den Vierteln weiter nördlich sehe ich dann weniger Elend. Ich komme nach Chinatown, was sich als wirklich bunt und beeindruckend erweist. Ein wenig mag es auch für Touristen hergerichtet sein (s. Foto), aber ich glaube ein wesentlicher Teil ist auch authentisch. Auf jeden Fall ist es sehr schön bunt. Wieder in der Nähe des Busbahnhofs kaufe ich eine Obdachlosenzeitung und unterhalte mich mit dem Verkäufer. Natürlich ist nicht genug Zeit, seine ganze Geschichte zu erfahren, aber er war lange Zeit in der Army, auch in Rammstein in Deutschland, er spricht auch leidlich Deutsch. Später hat er dann für eine Fluggesellschaft gearbeitet. Zur Zeit sei er selbst nicht mehr obdachlos, war es aber, sagt er. Wie schnell kann einem wohl ein solches Schicksal bevorstehen? Aus dem Grübeln werde ich durch eine kleine Musikgruppe auf dem Dachgarten des Salesforce Transit Center (der Busbahnhof) herausgerissen: Ich werde zum Squaredance aufgefordert - und habe so viel Spaß beim Herumhüpfen zu irisch-amerikanischem Gefiedel, dass ich fast meinen Bus verpasse. Am Abend bin ich dann wieder gemütlich bei meiner Gastfamilie in Alameda.

Sausalito (bei San Francisco)

Mittwoch, 27. September

Heute ist mein erster Wandertag! Ich bin tatsächlich früh aufgestanden und mit dem Bus zunächst nach San Francisco und dann über die Golden Gate Bridge gefahren. Viele Deutsche trifft man unterwegs und an der Brücke zum Fototermin. Von dort aus bin ich über die Berge zum Rodeo Beach gewandert. Die Wege sind gut ausgeschildert und in der baumarmen Umgebung behält man sowieso gut die Übersicht, wo es entlanggeht - und in der Tat bin ich ja auch noch nicht in der Wildnis, sondern am Stadtrand von San Francisco… Aber schön ist es hier, die Landschaft wirkt sehr mediterran, könnte auch in Spanien oder Portugal sein, allerdings entdeckt mein Botanikerherz doch so einiges an Pflanzen, was man eben am Mittelmeer nicht fände, so zum Beispiel den kalifornischen Mohn, den ich bei mir im Garten immer vergeblich zu züchten versuche, oder die Herbstastern, die hier heimisch zu sein scheinen. Ab und zu fliegt ein Monarchfalter vorbei - sehr schön und viel größer als unsere heimischen Schmetterlinge. Ich genieße es sehr, draußen zu sein, auch wenn ich angesichts der Anstiege amtlich ins Schwitzen gerate. Manchmal treffe ich Mitwandernde und unterhalte mich eine Weile, meistens bin ich aber alleine, aber das passt! Am Nachmittag steige ich hinunter nach Sausalito und esse ein paar Tacos - man merkt schon, dass das hier sehr hispanisch gebrägt ist. Dann mit dem Bus zurück und noch ein netter Abend mit Claudia und Marco in Alameda.

Alameda (bei San Francisco)

Dienstag, 26. September

Am Vormittag kutschiert mich Claudia durch Alameda. Das ist eine ca. 100000-Einwohner-Stadt auf einer Insel gegenüber von San Francisco. Vom Strand aus, der von ihrem Haus nur zehn Minuten entfernt ist, hat man einen schönen Blick auf die Skyline. Am Nachmittag leiht mir Claudia ihr Fahrrad aus und ich gondele durch die Stadt, bin ein wenig am Strand, trinke Kaffee und plane den folgenden Tag. (Ich will wandern). Insgesamt ist alles sehr relaxt hier, was mir nach der ganzen Action in den letzten Tagen sehr zupass kommt - nur fällt der Blogeintrag dadurch heute etwas kürzer aus.

(Auf dem Foto sieht man übrigens das Art-Deco-Kino von Alameda - auch von innen bemerkenswert.)

Salt Lake City - Alameda

Montag, 25. September

Kurz vor Mitternacht habe ich den Zug nach Emeryville (Endstation, nahe bei San Francisco) genommen. Großartig: Es gibt nur wenige Passagiere, so dass ich mich gleich auf zwei der superbequemen Liegesitze ausbreiten und tatsächlich halbwegs schlafen kann. Morgens sehe ich dann die Sonne über der Prärie aufgehen - und kann mir entspannt einen Kaffee holen und die Szenerie aus dem verglasten Panoramawagen genießen (s. Foto). Nicht schlecht. Bis zur Ankunft in Emeryville ziehen deutlich verschiedene - und schöne - Landschaften am Fenster vorbei. Es erinnert mich alles ein bisschen an Spanien. Nevada und Kalifornien waren ja auch mal spanisch… passt ja! Teilweise zuckelt der Zug wirklich erstaunlich langsam durch die Gegend, manchmal denkt man, dass man auch nebenherlaufen könnte… aber ich bin ja zum Gucken da. Es sind übrigens erstaunlich viele Deutsche im Zug. Nachmittags kurz vor vier dann Ankunft, und die Weiterfahrt nach Alameda, wo mein Ex-Mitbewohner Marco und seine Frau Claudia mit ihren Kindern wohnen, läuft reibungslos. Nett haben‘s die vier da, und ich fühle mich super aufgenommen, bei leckerem Essen und guten Gesprächen.

Chicago - Salt Lake City

Sonntag, 24. September

Am Morgen nun also der Flug über die „Fly-over-states“ - und wenn man da von oben draufguckt (ich hatte klare Sicht) und die verstreuten Farmen in der Agrarsteppe betrachtet, fragt man sich schon, wie es ist, dort zu leben. Freizeitstress entsteht da vermutlich nicht. Irgendwann sind auch keine Farmen mehr da - eindrucksvolle Steppenlandschaften in verschiedensten Brauntönen. Vereinzelt schon mal einen kleinen Salzsee als Vorboten, denn schon beginnt  der Landeanflug auf Salt Lake City. Dann mal los in die Hauptstadt Utahs, es gibt immerhin eine Straßenbahn, die dort hinfährt. Als ich meinen Sitznachbarn allerdings erzähle, dass ich zum Bahnhof will, ernte ich nur fragende bis zweifelnde Blicke. Google sagt, dass es von der Haltestelle bis zum Bahnhof fünfzehn Minuten zu Fuß sind - aber das sind dann fünfzehn Minuten in der Mittagshitze, vorbei an Obdachlosen, Suppenküchen und Industriebrachen. Von den Obdachlosen mal abgesehen ist fast niemand unterwegs - da ist sonntags ja in Michelstadt mehr los! Schließlich liegt vor mir der „Bahnhof“ - eine Baracke, die nur zweimal am Tag für die beiden Züge öffnet, die hier abfahren. Bis um 22:00 Uhr ist hier geschlossen, also auch keine Chance, das Gepäck abzugeben, dass ich weiter hinter mir her ins Stadtzentrum ziehe… in welches Stadtzentrum? Irgendwo muss doch dieser Tempel der Mormonen sein. Was man hier sieht, würde eine europäische Sicht wohl gar nicht als „Stadt“ auffassen, so gesichtslos erscheint diese Ansammlung von Gebäuden. Endlich entdecke ich ein Café und sitze dort erstmal zwei Stunden bei geeistem Kaffee. Dann ziehe ich weiter und gelange auch schließlich zum Tempelbezirk. Da kümmert man sich natürlich um mich, ich werde bald von zwei jugendlichen „Schwestern“ herumgeführt, natürlich mit klarer Missionsabsicht. Sie sehen aber ein, dass das mit mir nix wird… ich höre aber noch in der mächtigen Versammlungshalle (und das ist nur die kleinere neben der daneben neu Gebauten, siebenmal größeren) die Chorproben (bestimmt mehr als 200 Sänger*innen - das * würden die Mormon*innen natürlich vehement bestreiten) zu der halbjährlichen großen Versammlung. Was für ein Kontrast zu Chicago! Pluspunkt für Salt Lake City: Ein Einheimischer weist mir den Weg zu einem guten und tatsächlich vollen Restaurant. Es gibt Bier, eine Gay-Pride-Flagge und das beste Essen, was ich bisher in den USA hatte!

Chicago

Samstag, 23. September

Lange im Bett geblieben und dann zum Frühstück in der Bäckerei gegenüber. Das war schon wieder viel zu viel - und vor allem: auch im Rührei war Käse! Man serviert hier anscheinend annähernd alles mit Käse. Mir ist ein wenig schlecht, auch weil die Portion arg groß ist. Die frittierten Kartoffeln lasse ich schon mal weg. Hier wird halt alles frittiert, mit Käse überbacken und mit zuckrigen Soßen übergossen. Habe bisher noch kein wirklich leckeres Essen gehabt, alles irgendwie immer „drüber“. Nach dem Frühstück noch mal nach Hause, Online-Check-in für den Flug morgen nach Salt Lake City und solche Sachen. Danach noch ein Spaziergang zum Seeufer, ein bisschen sonnen und lesen. Eigentlich der erste Relax-Moment, seit ich aufgebrochen bin. Sehr schön ist es hier am See, der ja eigentlich schon fast ein Meer ist, größer als die Schweiz. Dann noch ein wenig Rundfahrt auf dem Loop, dem Hochbahnkreis im Stadtzentrum - auch eine nette Möglichkeit zum Sightseeing. Salat zum Abendessen: Das Dressing ist - na? - genau! - arg zuckrig.  Schließlich packen und recht früh ins Bett: Um viertel vor sechs muss ich raus.

Chicago

Freitag, 22. September

Für heute hatte ich eigentlich zwei Architektur-Führungen gebucht, die erste um 10:00 Uhr, also nix wie hin ins Zentrum am Chicago River. Beeindruckende und auch wirklich schöne Kulisse aus Fluss, Brücken und Hochhäusern aus allen Epochen - schicker als Manhattan, finde ich. Vor dem Architekturzentrum warte ich allerdings vergeblich, denn die Tour begann anderswo… habe ich leider nicht gesehen. Sehr schade, denn es war eine Tour zum Thema Art Deco mit Besichtigungen auch in Innenräumen. Bin dann selbst herumgestrolcht, habe mich auch ins Carbide & Carbon Building reingeschlichen, nicht viel gesehen aber immerhin hübsche Art-Deco-Aufzüge. Habe noch weitere Hochhäuser besichtigt. Schon lustig, mal all das realiter zu sehen, was ich meinen Schüler*innen in Architekturprüfungen vorgesetzt habe - ist halt alles da, von Historismus über Moderne bis Postmoderne (s. Foto).

Für die zweite Führung war ich dann am richtigen Ort und habe einiges über die Stadtgeschichte erfahren. Und wir waren noch in der Lobby des American Motor Club… doch noch eine Dosis Art Deco. Dann weiter viel rumgelaufen, auch im Millenium Park. Kleines Formtief, aber ein Anruf beim Gatten hilft! Bin dann zur Unterkunft gefahren und habe dann geschaut, was im Viertel so los ist. Gleich nebenan ist ein großes Theater, wo Musikgruppen auftreten, heute: „moe.“ -  Hab ich auf Spotify gesucht, aber irgendwie wohl was anderes gefunden, am Ende war‘s ein Rockkonzert, aber wirklich nicht schlecht. Es herrschte tolle Stimmung und das Schöne ist, dass hier in den USA die Leute gleich mit dir sprechen, ich war sofort in eine nette Gruppe aus Indiana integriert. In der Hinsicht machen sich die US-Amerikaner*innen das Leben wirklich deutlich schöner als wir. In Deutschland würde jeder sich nur auf seine Gruppe beziehen und ansonsten vor sich hin starren. So hatte ich aber einen wirklich schönen Abend.

Chicago

Donnerstag, 21. September

Morgens um sieben erstmal einen Kaffee aus dem Bistrowagen. Ich bekomme: einen Pappbecher für den Kaffee, darauf ein Plastikdeckel, eine Papphalterung, um sich nicht die Finger zu verbrennen, einen weiteren Plastikbecher für die Milch - und das ganze in einem Papp-Faltkarton… da liegt definitiv noch Einsparpotenzial…

Ungewöhnlich für deutsche Ohren: Der Zug kommt fast eine halbe Stunde zu früh an… Ich bin hundemüde, schlafe am Gepäckband (wie am Flughafen) fast ein. Dann auf den „Loop“, die Hochbahnschleife im Stadtzentrum, und von dort mit der Brown Line zu meiner Unterkunft - ein hübsches Häuschen in einer echt lebendigen Nachbarschaft mit vielen Läden, Kneipen und Restaurants - erinnert an Brooklyn, nur gepflegter. Ich schlafe allerdings erst einmal eine Runde. Dann allerdings ziehe ich durchs Viertel und entlang des Ufers des Lake Michigan (das ist ja eigentlich fast schon ein Meer, der ganze See ist deutlich größer als die Schweiz) nahe ans Zentrum. Das liegt schon toll, direkt am Strand! Dann durch die Straßen zurück gen Norden, das eigentliche Zentrum nehme ich mir morgen vor. Sieht alles recht lebenswert und quirlig aus und erstaunlich gepflegt, aber das kann in anderen Stadtvierteln auch anders sein, die kenne ich ja noch nicht.

Abends dann in ein japanisches Lokal, wo ich mich als ortsunkundiger Dinosaurier erweise: Ich frage nach der Karte - Antwort: Aber die liegt doch vor dir: ein mit QR-Code bedruckter Holzwürfel. Von der online-Karte verstehe ich kaum was. Ich wähle auf Verdacht. Ein Bier gibt‘s nicht, weil man in diesem Lokal seine Getränke selbst mitbringt - Dat hab ick ja noch nie jehöat! Aber immerhin sind die japanischen Tacos lecker und die Leute nett. Passt.

Washington D.C. - Chicago

Mittwoch, 20. September

Und schon wird die Zeit knapp: Aufstehen, Duschen, Checkout und dann zwischen all den musealen Angeboten eine Entscheidung finden. Ich schwankte zwischen dem Museum of the American Indian und dem Museum of African American History. Die Entscheidung fiel auf Letzteres und das hat sich auch wirklich gelohnt. Hinter einer spannenden Fassade (s. Bild) verbirgt sich eine sehr bewegende Ausstellung. Wieder ein Anlass, darüber nachzudenken, wie grausam auch die Geschichte dieses Landes ist - und wie kulturell reich, komplex und widersprüchlich es dadurch gleichzeitig ist.

Dann zur Union Station: Es gibt schon kolossale Bahnhöfe in den USA, auch wenn dieses Verkehrsmittel ein Schattendasein führt - aber das war ja wohl auch mal anders…

Der Zug nach Chicago geht um 16:05, Ankunft um 8:35 des Folgetags. Da kommt aber noch eine Stunde Zeitverschiebung obendrauf! Also grob gesagt 14 Stunden für rund 1300 Kilometer - könnte natürlich etwas fixer sein. Dafür gibt‘s erstmal Landschaft im Überfluss und im goldenen Abendlicht, kleine weiße Holz-Farmhäuser auf Wiesen zwischen Wäldern - ein Edward-Hopper-Motiv jagt das andere… allerdings muss ich dabei mit meinem Sitznachbarn, einem älternen Herren (Vietnam-Veteran), über Politik diskutieren (sein Anliegen, nicht meins). Aber das ist schon auch interessant und herausfordernd. Nach allem, was er sagt, muss er eindeutig  Trump-Anhänger sein, aber er ist definitiv kein Hinterwäldler, sondern ein Mensch, der schon viel herumgekommen und gereist ist, und sich durchaus viele Gedanken macht. Überzeugen konnte ich ihn wohl nicht…

Der Schlaf im Zug war allerdings, trotz der echt bequemen Sitze, nur sehr lückenhaft.

Washington D.C.

Tja, was bringt der Tag? Zunächst einmal eine beachtliche Lauferei um’s Kapitol und über die National Mall, leider mit in den Kniekehlen hängendem Magen, da ich ungefrühstückt losgefahren bin, darauf vertrauend, dass mir schon etwas Essbares begegnen würde… weit gefehlt: Da gibt‘s am Morgen nix! Erst später starten Foodtrucks, aber da hatte ich mir in meiner Verzweiflung und aus Mangel an Alternativen schon einen Quaterpounder with Cheese, als Menü, mit Fritten und Cola, reingepfiffen - McDonald‘s saved my life! Damit hatte ich dann aber genug Energie für das Hirshhorn Museum of Contemporary Art - toller Bau und spannende Ausstellungen, unter anderm mit chinesischer Fotografie und Werken von Mark Bradford (die kannte ich bisher nicht, fand ich aber wirklich gut).

Das Tolle ist, dass alle Museen auf der Mall kostenlos sind und man einfach hineinspazieren kann. Dementsprechend danach kurz zum Weißen Haus und zum Lincoln Memorial und dann ins Museum of American History. Bemerkenswert: Hier ist alles konsequent zweisprachig englisch/spanisch. Schwer vorstellbar, dass das Deutsche Historische Museum seine Ausstellung deutsch/türkisch beschildern würde…

Am Abend dann weg von der Mall, auf der Suche nach der Stadt Washington. Die hat‘s im Vergleich zu New York natürlich schwer, abgesehen vom kommerziellen Zentrum kleine Häuschen, ziemlich gepflegt (trotzdem mit einigem Elend dazwischen) und eher langweilig. Nun ja, das ist aber das vorschnelle Urteil nach nur einem Tag… immerhin gab‘s ein Feierabendbier und noch einige nette Unterhaltungen.

New York - Washington D.C.

Montag, 18. September

Heute habe ich New York hinter mir gelassen - was wirklich schade ist, denn diese Stadt beeindruckt mich wirklich… und ich bin ja schon überzeugter Brooklyn-Fan, und auch von diesem „borough“ (Stadtteil, eigentlich eine eigene Stadt), habe ich noch längst nicht alles gesehen und schon gar nicht erlebt… Trotzdem, heute war um kurz vor eins Abfahrt des Zugs nach Washington. Es war übrigens sehr angenehm in der us-amerikanischen Bahn, und gar nicht so altmodisch und langsam, wie immer behauptet wird: Das WLAN hat funktioniert und die Strecke von ca. 500 km war in 3,5 Stunden bewältigt. An Philadelphia bin ich nun leider nur vorbeigefahren (s. Bild), jetzt bin ich in der Hauptstadt, noch reichlich desorientiert und von meiner Unterkunft und direkten Umgebung nicht unbedingt begeistert - aber schauen wir mal, was der Tag morgen bringt!

New York

Sonntag, 17. September

Heute ging’s zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island. Das ist eine sehr touristische Veranstaltung, klar, aber doch auch beeindruckend, weniger die Statue als das Ankunftszentrum auf Ellis Island, durch das insgesamt 12 Millionen Einwanderer gegangen sind. Die Ausstellung dort regt wirklich zum Nachdenken an über all die Not und die Mühen, die Abenteuer und die Erfahrungen, die diese Menschen gemacht und durchlebt haben. Und von denen, die von den Neuankömmlingen verdrängt, und von denen, die als Sklaven in das neue Land gezwungen wurden, ist dabei nach gar nicht gesprochen (auch wenn das auch Thema in der Ausstellung ist).

Insgesamt bin ich im Moment wohl überfüllt mit Eindrücken, könnte auch mal ein paar Tage gegen die Wand starren. Aber morgen geht‘s weiter nach Washington. Heute Abend nochmal raus, mit John zum Essen.

New York

Samstag, 16. September

War heute mit John (aus Australien/Neuseeland) unterwegs. Zunächst im Museum of the Indian American - sehr interessant, und es gibt schon zu denken, die Zeugnisse und Artefakte derjenigen zu betrachten, die ihres Landes, ihrer Identität und so oft auch ihres Lebens beraubt worden sind. Es gab auch noch eine schöne peruanische Musik- und Tanzaufführung, dann gingen wir zum Museo del Barrio, das sich mit der die Latino-Kultur und -Kunst in New York befasst. Kurz nahmen wir an einer schon gestarteten Kunstführung teil - dort wurde wieder ziemlich stark das Identitätsthema umgewälzt, vielleicht teilweise auf Kosten der Kunstbetrachtung, aber in gewisser Weise scheint mir diese Diskussion und Bewusstmachung gerade hier in dieser so wahnsinnig diversen Gesellschaft doch angebracht. Anschließend gab’s noch ein Latino-Afro-Jazz-Konzert. Dann Spaziergang quer durch den Central-Park und sehr traditionelles, aber leckeres us-amerikanisches Burger-Abendessen und lange Gespräche mit John auf der Amsterdam Avenue. Habe schon sehr lange nicht mehr an einem Tag so viel Englisch gesprochen!

New York

Freitag, 15. September

Morgens war ich noch länger damit beschäftigt, die weitere Reise zu organisieren. New York ist zu interessant, um schon so bald abzureisen, deswegen verlängere ich meinen Aufenthalt um einen Tag. Dann passen aber nicht mehr Philadelphia und Washington vor Chicago, ich beschränke mich also auf die Hauptstadt.

Mittags hatte ich dann eine Führung durch‘s Tenement-Museum, wo in den ursprünglich von ihnen bewohnten Räumen die Geschichte verschiedener Einwanderer*innen erzählt wird. War sehr interessant und auch berührend. Zu Fuß gelangte ich dann über den Ground Zero zum Battery Park. Eigentlich wollte ich diesen Tag zum „Einwanderungstag“ machen und von hier aus zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island fahren, aber es war dann doch schon zu spät dafür. Daher ein Spaziergang durch Greenwich Village, natürlich auch über die Christopher Street und am Stonewall Inn vorbei, und über den High-Lane-Park, eine stillgelegte Hochbahnstrecke, die zum Park auf Stelzen umgebaut worden ist.

New York

Donnerstag, 15. September:

Heute ging‘s zum ersten Mal nach Manhattan, aber auch, am Anfang und am Schluss, durch‘s „Every-day-life“ in Brooklyn. Hier gibt‘s schon auch viele Menschen, die nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen, und man wird auch angehauen, aber in einer höflichen und freundlichen Art, so dass man auch ins Gespräch kommt - und das ist auch sehr spannend und lehrreich. Nach Manhatten ging‘s über die Brooklyn-Bridge - ich war nicht der einzige Tourist, der auf diese Idee gekommen ist :-) Stationen in Manhatten: Downtown, Chinatown, Little Italy, Besuch im MoMA, Central Park und schließlich Uptown Night Market in Harlem. Alles sehr spannend, sehr bunt, keineswegs nur Glitzer. Am Abend dann wieder „daheim“ in Brooklyn, gemütliches Bier, spannende Gespräche… ich mag „meine Hood“.

New York

Mittwoch, 13. September, New York

New York gefällt mir viel besser, als ich erwartet hätte. Ich staune über die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit und die Tatsache, wie leicht die Menschen hier Gespräche mit dir beginnen! Und mein Viertel hier in Brooklyn erinnert mich permanent an die Sesamstraße in der alten US-Version… fehlt nur noch, dass Oskar aus einer Mülltonne aufpoppt. Nebenan hält sogar jemand Hühner im Vorgarten…

Ich hatte heute ein Date mit Sheryl, meinem „Greeter“. Die Greeter bieten Führungen für Fremde in New York an (auch in vielen anderen Städten) - einfach aus Idealismus und Spaß an der Sache. Sheryl, höheres Semester als ich und fit wie ein Turnschuh, hat mich sechs Stunden lang durch Brooklyn geführt, das war wirklich toll! Niemals hätte ich sonst so viel gesehen und erfahren. Stationen: Downtown Brooklyn, Brooklyn Bridge Park, DUMBO (Down-under-the-Manhattan-Bridge-Overpass), Williamsburg, dann allein zu Fuß zurück… was bin ich rumgelatscht! Aber es hat sich sehr gelohnt!

Michelstadt - New York

Dienstag, 12. September

So, jetzt geht‘s aber wirklich los. Früher Aufbruch von Michelstadt nach Frankfurt an den Flughafen, dort läuft alles glatt und der Flug ist auch pünktlich. Alles problemlos, aber ich bin natürlich aufgeregt - und wie! Aber nun stehen ja fast neun Stunden Flug an, was zwar amtlich langweilig ist - aber gut zum Runterkommen. Wir sind pünktlich am JFK-Airport, nur die Schlange an der Passkontrolle ist lang. Gepäck kommt in nullkommanix und los geht‘s mit der U-Bahn zur Unterkunft. Da fahre ich erstmal an meiner Zielstation vorbei, weil ich den Unterschied zwischen local- und express-train noch nicht kenne… Aber das ist kein größeres Problem, ich komme gut an, das Zimmer ist schön und ich mache noch ein paar Einkäufe. Und dann nochmal raus, Feierabendbier im Lokal um die Ecke, mein erstes Essen in den USA ist, naja, ein Cesar-Salat, nichts Typisches, aber begleitet von netten Gesprächen mit den Leuten am Nebentisch.

Michelstadt

8.-11. September

Um den Kontrast zum Kommenden noch zu steigern, habe ich zunächst noch vier Tage in ländlicher Idylle und mit elterlicher Rundum-Versorgung verbracht. Herrlich war‘s - kann New York da mithalten? Wir werden sehen… noch einmal tief durchatmen, morgen geht‘s dann so richtig los!

 

 

Vor dem Aufbruch

Noch unberührt und unbepackt wartet der Rucksacktrolley auf den Beginn der Reise. Am 12. September soll es losgehen. Ich berichte dann hier weiter!

 

 

 

 

 

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